Samstag, 23. Januar 2016

Favela / Comunidade Peixinhos (1)

In der Comunidade ("Favela") ,Peixinhos' in Olinda / Recife:

zur Favela-Thematik lest bitte auch meinen Post von September:

Was ist eine Favela
Was ist eine Favela? (2)


Ein Sozialarbeiter (Renato) dort vor Ort hat mir gezeigt, wie er dort in verschiedenen Projekten mit Kindern und Jugendlichen arbeitet. Wir haben zusammen einen Spaziergang durch das Viertel gemacht und ich habe dort die wirklich sehr sehr ärmlichen und schwierigen Umstände kennengelernt, unter denen die Menschen dort ihr Leben meistern müssen. Das hat mich natürlich sehr nachdenklich gemacht, diese Armut dort so direkt und unverfälscht zu sehen...  :-((
"Die Menschen hier leben vom Müll, das muss man einfach so krass sagen, sie leben im Dreck hier vom Müll-Sortieren", so drückte es Renato aus.
Trotzdem waren die Menschen dort erfüllt von Freude, Herzlichkeit und dem "Sinn einer Gemeinschaft", was mich sehr beeindruckt hat. Wenn ihnen doch nur jemand zuhören würde...

Renato ist in Peixinhos groß geworden und arbeitet in einer Hilfsorganisation. In seiner und verschiedenen anderen Organisationen werden vor allem Kinder und Jugendliche über verschiedenste Aktivitäten Wissen über Bürgerrechte, Gewaltprävention, Drogen, Frühschwangerschaften, Geschlechtskrankheiten und Umweltschutz vermittelt. Das Wissen geben sie dann an ihre Familien und Freunde weiter. Langjährige Erfahrungen zeigen, dass die Lebensqualität und Zukunftsperspektiven der Kinder und Jugendlichen durch die soziale Arbeit stark verbessert wurden.

Das "kulturelle Zentrum" der Favela ist ein ehemaliger Schlachthof: ,Nascedouro de Peixinhos'. Überhaupt gilt der Stadtteil Peixinhos als Wiege von Kunst und Kultur. Er liegt genau an der Grenze zwischen Olinda und Recife, fällt aber noch in den Einfluss von Olinda. Von hier wird Renato dann auch (mehr schlecht als recht) bezahlt. Über zahlreiche Kunst und Kulturprojekte kommt man an die gefährdeten Kinder und Jugendlichen heran (Gewalt, Drogen, Prostitution, etc.), und versucht aus diesen selbständige, selbstbewusstere und mündige Bürger zu machen. Nur wer zur Schule geht, darf an den angebotenen Kursen und Aktivitäten teilnehmen.

Ich habe wirklich eine Menge sehr netter Menschen dort kennengelernt und habe viele kleine interessante Geschichten und Anekdoten erfahren, von denen ich auch sicher noch später berichten werde.
Es war eine wertvolle Erfahrung... und ich werde mit Sicherheit nicht die Freude und Begeisterung der kleinen Kinder vergessen, ganz besonders nicht das kleine Mädchen auf ihrem Mini-Fahrrad (Foto auf der Brücke), das uns immer wieder gefolgt ist. :-)

Achja, falls ihr euch wundert: Natürlich ist dies keine Gegend, in die "man" (mit "man" sind ALLE Leute gemeint, die nicht dort wohnen; ein 30-Jähriger, der dort geboren wurde, erzählte, dass er nach 10 Jahren Abwesenheit bei seiner Rückkehr mit Waffen empfangen wurde: "Was wollt ihr? Ich bin hier geboren, ich bin ein Teil dieses Viertels") einfach so hineingehen kann und sollte. NIEMALS! Das würde ganz komisch rüberkommen und ganz "falsche" / "unbeabsichtige" Außenwirkungen auf die Menschen hier haben... und man würde wahrscheinlich bis sehr sehr wahrscheinlich, wie Renato es ausdrückte, sehr schnell ausgeraubt werden. Alleine sollte man sowas niemals machen! Tráfico (Drogenhandel etc), Waffen und Gewalt sind natürlich hier sehr präsent... aber mit jemandem wie Renato, der als Sozialarbeiter dort auch von den größten Gangstern respektiert und geachtet wird, ist das möglich und es gab keinerlei Probleme oder Risiken. Etwas mulmig wurde mir an der ein oder anderen Stelle aber schon als ich Renato nach einem seiner Gespräche mit einem Jugendlichen dort fragte was denn los sei und er mir antwortete, dass um die Ecke quasi der "Platz" (im Wald) wäre, wo die Mord-Leichen "entsorgt" werden...

Trotzdem dass es keine Probleme oder riskante Situationen gab, musste Renato immer wieder an jeder Ecke abklären, ob wir auch dort in den und den Weg reinkommen können oder nicht, ob evtl. jemand von den "Bossen" was dagegen haben könnte etc. War aber nicht so. Nachts sähe das natürlich anders aus. Insgesamt war es aber so, dass ich keinerlei negative Erfahrung dort gemacht habe, niemand der mich komisch angeschaut hat oder so etwas... nein, die Leute waren alle sehr freundlich, selbst die "coolen Straßenjungs".
Wie gesagt, es muss immer jemand vor Ort sein, der respektiert wird, mit dem man so etwas machen kann. Und es ist sehr wichtig und essentiell, dass man mit den Menschen dort ins Gespräch kommt... sie freuen sich, dass ihnen mal jemand zuhört und jemand von außerhalb Interesse zeigt.

Bei allen Fotos wurde natürlich die Erlaubnis eingeholt...das gehört sich einfach so in so einer sensiblen und schwierigen Umgebung. Es war aber nie ein Problem, die Leute fanden es oft richtig gut ein bisserl geknipst zu werden (keine Übertreibung) und haben mich teilweise immer weiter ermuntert: "Hier, meine Hühner, du musst unbedingt ein Foto mit mir und all den Tieren machen" etc.
Trotzdem habe ich natürlich nicht alles fotografiert, was möglich gewesen wäre, da ich persönlich für mich gewisse Grenzen habe, was das Abbilden von extremer Armut und Elend und der in ihr verstrickten Menschen betrifft. Das ist ein sehr sensibler Punkt, aber für mich ist es eine Form von Respekt und Achtung, dass man gewisse Dinge dann eben auch nicht fotografiert. Dazu hat aber sicherlich jeder eine eigene Meinung.

Checkt bitte auch die beiden kleinen Videos weiter unten!




























108 Jahre alt! Kein Scherz. Ich habe seinen Ausweis gesehen! Erfreut sich noch guter Gesundheit...wow!
na, was ist hier wohl los...










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