Donnerstag, 29. Juni 2017

Estado do Ceará

Ich bin jetzt seit etwas über einer Woche hier oben im Nordosten, zum ersten Mal im Bundesstaat Ceará. Bisher war ich ja neben meiner "Basis" in Fortaleza schon zu beiden Seiten (Ost und West) an der Küste unterwegs gereist, deshalb an dieser Stelle mal ein paar Worte zu dieser "Ecke" Brasiliens:






Ceará (o estado)

Der Bundesstaat Ceará hat sich die letzten Jahre über zu einem beliebten Ferienziel entwickelt - sowohl für die Brasilianer selbst als auch für Gäste aus dem Ausland. Und das auch nicht ohne Grund: Obwohl es in den anderen Bundesstaaten des Nordostens schon mal regnen kann, scheint in Ceará fast immer die Sonne. Die 570 km lange Küste bietet unzählige, teils menschenleere Traumstrände mit türkisgrünem Wasser, Kokospalmen, Sanddünen und Süßwasser-Lagunen, viele kleine Fischerdörfer und insgesamt einfach paradiesische Atmosphäre.

Mit einer Fläche von ca 150.000 qkm ist der Staat Ceará insgesamt etwas größer als Griechenland. Die einst landwirtschaftlich geprägte Region entwickelte sich mit der Zeit zu einem bedeutenden Industriestandort und besitzt nach S. Paulo die größte Bekleidungsindustrie Brasiliens. Wirtschaftliche Stützen sind neben der Metall- auch die Erdgas- und Erdölforderung. Die Landwirtschaft produziert Reis, Bananen, Bohnen und Zuckerrohr - besonders Caju-Nüsse, Garnelen und Hummer sind wichtige Produkte der Fischindustrie und neben dem Tourismus bietet das Kunsthandwerk (Artesenato) viele, teils informelle Arbeitsplätze für viele Menschen.

Der Facettenreichtum der Strände reicht von idyllischen, mit unzähligen Palmen besetzten kleinen Buchten bis zu 20 km langen Streifen mit starker Brandung. Somit bietet der Bundesstaat in puncto Strandflair alles, was man sich nur wünschen kann. 
Hinter einem großen Teil der Küste erheben sich gewaltige weiße Dünen - sie lassen die Landschaft sehr ursprünglich wirken. Gleichzeitig sorgen Wind und Wellen für ein paar der weltbesten Reviere zum Kitesurfen, Wellenreiten und Windsurfen.

Trotz des industriellen Aufschwungs ist Ceará dennoch ein armer Staat geblieben. Etwa die Hälfte der Bevölkerung lebt in Armut und die Bewohner des dürregeplagten Sertão (das Innenland) leiden nicht selten an Hunger. Durch die damit verbundene Landflucht leben heute 2/3 der der 7,5 Mio Cearenses (so heißen die Bewohner Cearás) in den Städten, u.a. Fortaleza, Juazeiro do Norte oder Crato. 

Weil sich die Portugiesen bei der Besetzung dieses Gebietes im Norden damals Zeit gelassen haben, kamen ihnen andere zuvor: In Ceará waren dies die Niederländer, die die Hauptstadt Fortaleza sozusagen informell "gegründet haben (1637). Diese feindlichen Einfälle veranlassten die Portugiesen schließlich zum Handeln. Sie vertrieben die Niederländer (und die Franzosen weiter oben im Norden) innerhalb weniger Jahre:

Die erste Landnahme in Ceará erfolgte 1612 durch Kolonialisten, die am Ufer des Reio Ceará das Fort Sao Sebastiao errichteten, aber die ersten portugiesischen Versuche sich hier im frühen 17. Jh. anzusiedeln waren nur kurzlebig. 
Im Gegensatz dazu nutzten die Holländer ihre Chance und gründeten 1637 das Fort Schoonnenborch, aus der später die Stadt Fortaleza hervorging. Nach der Rückeroberung der Festung durch die Portugiesen 1654 wurde sie in Fortaleza da Nossa Senhora da Assuncao umbenannt. Um das Bollwerk bildete sich erst ein Dorf, dann eine Klein- und schließlich eine Großstadt, deren Name zu Fortaleza verkürzt wurde. Der größte Teil der portugiesischen Siedler in Ceará dabei stammt von den Azoren.

Obwohl sie Widerstand leistete, war die indigene Bevölkerung aller Staaten oben im Norden Brasiliens im 18. Jh. unterworfen. In der Zeit nach den Kriegen hatten die Kolonialisten im Landesinneren mit schwerer Dürre zu kämpfen, bei denen mehrere Millionen starben. Viele andere strömten in den 1870er Jahren nach Fortaleza.

Besonders, auch für mich (weil ich mich ja in Bahia viel mit der Historie der Sklaverei befasst habe): 
In Ceará wurde die Sklaverei bereits 1884 abgeschafft, also vier Jahre früher bevor ein kaiserliches Dekret die Sklavenbefreiung schließlich in ganz Brasilien ermöglichte. Seitdem wird Ceará auch als "Terra da Luz" (Land des Lichtes) bezeichnet.

Mittwoch, 28. Juni 2017

2017: Meine Rückkehr nach Brasilien



Es war für mich ja schon länger klar, dass es dieses Jahr wieder nach Brasilien gehen MUSS. Dabei stand ich die letzten Wochen und Monate vor der großen Frage: Besuche ich die lieben Menschen, die ich 2015 und 2016 kennengelernt hatte oder wage ich den Schritt zu neuen Wegen und Orten? 

Ich bin ja immer ein Freund davon, neue Erfahrungen zu machen (auch wenn ich in gewissen Aspekten dann doch auch die "Sicherheit" von dem was sich ,Gewohnheit' nennt, schätze ;-) und was in dem Punkt Brasilien betrifft: 
Hey, dieses Land ist 24x größer als Deutschland und hat sooo viele unterschiedliche Landschaften, Naturschätze, Stile, Lebensarten, Rhythmen, Kontraste, einfach so viel Vielfalt... so viele Ecken, die ganz eigen und für sich sind. 
Es gibt also noch soo viel zu entdecken und zu erobern, denke ich mir immer! Eigentlich könnte ich jedes Jahr in einen anderen Bundesstaat fahren und begeistert sein - und es wäre jedes Mal irgendwie anders vom Lebensstil und dem, wie sich alles anfühlt ...

Meine gute Freundin Rebeca, mit der ich immer noch regen Kontakt habe, ist ja (leider) beruflich von Maceió nach Curitiba gezogen, also dorthin, wo wir wirklich gerade nicht unbedingt jeden Tag 30 Grad und nur Sonne haben (dort ist ja gerade brasilianischer "Winter"). Und letztere beiden Aspekte sind mir dann schon wichtig, zumal es mir ja 2015 im Nordosten so gut gefallen hat, dass ich diesen Teil des Landes erstmal gerne weiter kennenlernen möchte (und aktuell dem Süden Brasiliens vorziehen würde - wenn ich jetzt mal RdJ ausklammere *g*). 

Und einen Aspekt darf man auf jeden Fall auch immer nicht vergessen: Die Distanzen sind hier sooo riesig. Allein beim letzten Mal waren es ja schon 10 Stunden von Salvador nach Maceió, was auf der Karte so "dicht" beieinander scheint, in Relation zur Einbettung im Rest des Landes.

So habe ich mich dann erstmal dazu entschieden, dass ich Fortaleza als meine erste Destination ansteuere und von dort dann weiter reise. Ich habe mich die letzten Jahre ja mit vielen Städten in Brasilien "beschäftigt", auch mit solchen, die ich noch nicht besucht habe - und Fortaleza als Metropole und 5. größte Stadt Brasiliens hat mich schon sehr fasziniert  und beschäftigt nach allem was ich gelesen und in Dokus gesehen habe.

Nur diese Frage stand noch vor mir: In welche "Richtung" reisen?

Nach einigem Überlegen und Mail-Verkehr mit meinen Bekannten und meiner Gastfamilie in Salvador (und der Feststellung, dass sich von diesen Kontakten auch gerade einige im Süden des Landes befinden) habe ich dann die Entscheidung getroffen, dass ich weiter nach Norden reisen werde.

Neue Erfahrungen, neue Plätze und Orte, neue Gefühle statt Erinnerungen, neue Menschen kennenlernen statt an alte Kontakte anknüpfen. Neue Eigenheiten bemerken in Städten und kleinen Orten, die ich noch nie zuvor gesehen habe (auch nicht im Internet *g*). 

Die letzten Wochen war ich so voller Vorfreude. Es hat wieder so gekribbelt wie 2015, auch wenn ich dieses Mal im Gegensatz zu damals bewusst nicht soo viel (bzw. den genauen Ablauf) geplant habe, sondern mir Raum für Spontanität und Offenheit (auch was die weiteren Reiseziele nach Fortaleza angeht) gelassen habe. Klar war nur: Es muss Fortaleza sein, es muss Jeri sein und ich will wieder einen schönen Direktflug mir Condor. 
Vamos lá!