Mittwoch, 30. September 2015

Barra (1)

Die ersten Tage liegen hinter mir. :-) Bisher hatte ich noch nicht viel Zeit für den Blog, aber jetzt soll es langsam starten. Aber ganz langsam und eins nach dem anderen.
Erstmal gibts ein paar Fotos meines "Viertels", das für die nächsten 7 Wochen (so lange werde ich in Salvador sein) mein neues Zuhause sein wird:

BARRA (ihr müsst das Baaha aussprechen; ganz schnell) 
 
Ich lebe hier im südlichsten Stadtteil von Salvador, direkt an der Spitze der Bucht am Atlantischen Ozean (siehe Grafik unten). Ich wohne in dieser Staße (falls es jemand mal ganz genau nachschauen möchte bei Maps; oben links auf der Karte ist es ja auch markiert):


Família Cardoso
Rua Marquês de Caravelas n° 123
edf° Maria Alice- aptº 602
Barra
Salvador BA
40140-240
Brasil




Zum Strand bzw. zu den beiden Stränden hier habe ich es 5 bzw. 10 Minuten zu Fuß. :-) Da es mir ja immer sehr wichtig ist die Gegend, in der ich wohne (das war schon in Münster  und Duisburg so), genau zu kennen und abzuchecken, habe ich Montag nach meiner Ankunft gleich mal losgelegt mit den Erkundungen. Schließlich muss ich doch wissen, bei welchen Dealern ich meinen Stoff bekommen kann. (haha, ich meine natürlich Acai, Guaraná, Kokoswasser und nicht das, was ihr denkt. Lang lebe das Abstinenzler-Leben. Hail to the Straight Edge!) Nein, mir ist das immer sehr wichtig, dass ich mich schnell auskenne und auch eine Beziehung auf der Gefühlsebene zu neuen Orten aufbaue, sozusagen die Straßen für mich erobere. 

Ich werde euch Barra demnächst noch näher vorstellen. Auf jeden Fall ist hier eine Menge los, sowohl in den Staßen wie natürlich auch direkt am Strand sowie auf dem ganzen Bereich, der mit diesem zusammenhängt. Aber dazu und besonders zum Flair dort (,Flair' kann man fühlen! Sensible Menschen wie ich jedenfalls) später mehr. Jetzt folgen erstmal ein paar Fotos, die ich an meinem ersten "richtigen" Tag am Montag-Morgen in aller Früh bei meinen ersten Erkundungen Uhr gemacht habe. 
Foto-Flair (ja genau!) gibts später, dies sind hier hinfach ein paar schnelle Schnappschüsse.








kleine "Favela"- artige Siedlung hier um die Ecke am Busbahnhof/Shopping Barra (Riesen Einkaufszentrum)

Morro de Cristo

Blick vom Morro de Cristo (sehr cool zum Abhängen etwas abseits vom Trubel, abends wird da viel "Liebe gemacht" ;-)

Der Blick aus meinem Fenster morgens um halb 7
Praia do Farol de Barra morgens um halb 10, noch nicht so viel los :D






zu einem Fort gehören natürlich auch Kanonen

Praia do Porto da Barra







"As much of Salvador is surrounded by reefs, Porto da Barra is one of the few places where small boats can land."

Ney ist überall! :-)




"urbanes Feeling" - wie ich zu Alex immer gerne sage









hier sollte man sich ganz spät am Abend eher nicht so rumtreiben ...
die Message und das Graf hätten von mir sein können








SALVADOR Basics


São Salvador da Bahia de Todos os Santos



 

Warum gerade Salvador? (zur Einordnung)


Nun, nachdem ich 2013 bereits den Süden von Brasilien (Rio de Janeiro, S.P., besonders auch den Bundesstaat Paraná) etwas kennengelernt habe, hatte ich von Anfang an vor, dass ich bald auch unbedingt das "andere" Brasilien (wobei es ja wohl viele "andere" Lebenskulturen in Brasilien gibt, aber dazu später) im Norden / Nordosten kennenlerne. Mir wurde vielfach von Einheimischen und auch Brasilianer_innen in Deutschland erzählt, dass sich das Leben und die Kultur dort wirklich sehr von dem im Süden unterscheiden soll. Auch in all meinen zur Vorbereitung studierten Büchern und Texten wurde immer wieder darauf hingewiesen und auch erklärt, dass dies insbesondere eben mit der dort vielfach gelebten "afro-brasilianischen" Kultur zusammenhängt. 


An den Schätzen von "Afro-Brasil" bin ich wirklich sehr interessiert und freue mich schon darauf, hoffentlich viele Einblicke auch in die Feste, Religionen (Candomblé hat mich schon immer sehr fasziniert, aber dazu auch später mehr) und die afro-brasilianische Kultur und Lebensweise zu bekommen. 


Salvador als Zentrum, Perle und "Geburtsort" von "Afro-Brasil" ist die dafür die perfekte Gelegenheit, da die Stadt reich ist an kultureller Vergangenheit und Gegenwart und auf mich ,von zu Hause aus' und durch die Romane von Jorge Amado (besonders
"Capitães da Areia" / zu deutsch: "Herren des Strandes") schon immer eine besondere Anziehungskraft hatte. :-)






Salvador da Bahia ist als Hauptstadt des Bundesstaats Bahía die drittgrößte Stadt Brasiliens mit ca. 3 - 3,5 Mio Einwohnern (wer weiss das schon genau bei den ganzen Favelas; siehe vorherige Postings). Sie liegt direkt an der größten Buch Brasilien, die gleichzeitig die zweitgrößte der Welt darstellt: Die Allerheiligenbucht.
In Salvador kamen damals die meisten der afrikanischen Sklaven an, was man auch heute noch gut an der bahianischen Küche, den afro-brasilianischen Religionen und den zahlreichen religiösen Festen erkennen kann. Diese historische Tatsache hat die Stadt entscheidend beeinfusst. Es gibt weltweit keinen anderen Ort, an dem die Nachfahren afrikanischer Sklaven ihr Erbe so gut bewahrt haben wie in Salvador. So ist eine Metropole entstanden, in der katholischer Glaube und westliche Kultur sich friedlich zusammen mit afrikanischen Riten und Religionen miteinander vermischt haben und zusammen existieren.
 
Insgesamt lässt sich weiter festhalten, dass Salvador eine der ältesten Kolonialstädte auf dem amerikanischen Kontinent ist. Lange Zeit (bis 1763) war sie die Hauptstadt von Brasilien, bis dieser Status schließlich nach Rio de Janeiro übertragen wurde, hauptsächlich dadurch bedingt, dass die Krone den Süden des Landes wirtschaftlich voranbringen wollte und man dafür Rio, auch aufgrund des langsam einsetzenden wirtschaftlichen Niedergangs Salvadors als einen neuen idealen Zentral- Ort ansah. Neben der Afro-Brasileiro Kultur ist die Stadt besonders für das Altstadtviertel Pelourinho und seine „Oberstadt“ berühmt, die seit 1985 zum UNESCO-Weltkulturerbe zählen, sowie für den Titel des größten Karnevals der Welt! 

Aus Salvador kommt auch der "Kampf-Tanz" Capoeira, der damals von den Sklaven entwickelt wurde. Es war den Sklaven zwar aus Angst vor Aufständen veroten, jegliche Aktionen auszuüeben, die mit Kampf oder Selbstverteidigung zu tun hatten, aber diese wussten damit gut umzugehen, inden sie den Kampf bzw. die Selbstverteidigung als Tanz zu tarnten. Als ich damals 2006 in Münster studiert habe, da habe ich 1 Semester Capoeira versucht. Zumindest die Basics kann ich noch ;-) 
Weiter wird Salvador in Brasilien auch oft "Hauptstadt des Lächelns und des Glücks" genannt, ein Punkt auf den ich in den kommenden Wochen noch näher eingehen werde. :-) Ich kann nur jetzt schon sagen, dass die Lebensfreude der Menschen wirklich ansteckend ist, zumal man sich immer vor Augen führen muss, dass hier im Norden Brasiliens viel mehr Armut und wirtschaftlich insgesamt schlechere Voraussetzungen vorherrschen als in den großen brasilianischen Städten des Südens (Rio, S.P. und besonders der ganze Südzipfel).

Wie in vielen brasilianischen Großssädten muss man den Aspekt "Sicherheit/Kriminalität" erwähnen: Hier hört und liest man natürlich viele viele Geschichten, auch hier vor Ort habe ich von Einheimischen und den Reisenden, die ich bisher kennengelernt habe, schon einige Stories und Warnungen gehört. Ich fürchte mich aber nicht und habe das eigentlich immer recht entspannt gesehen und bisher in allen brasilianischen Städten auch noch keine heiklen Situationen erlebt. Klar, aufpassen muss man immer, aber ich sehe da für mich - auch wenn sich jetzt vielleicht einige von euch erschrecken sollen - gar kein Problem oder eine Gefahr, da ich schon sehr klar habe, was geht und was nicht geht. Trotzdem ein paar Zahlen, die man aber einfach im Kontext sehen muss.

Wikipedia schreibt dazu: 

"Die Kriminalitätsrate der Stadt ist vergleichsweise hoch. So wurden in Salvador 2013 2.234 Menschen ermordet, was eine Mordrate von 57,51 pro 100.000 Einwohner ausmacht. (Gesamt-Brasilien: 27,1 Deutschland: 0,8). Damit erscheint Salvador im Jahr 2014 auf Rang 13 der gewalttätigsten Städte der Erde (weitere zehn brasilianische Städte unter den ersten 30).
Abgesehen von vereinzelten Taschendieben, die sich in den touristischen Gegenden der Stadt aufhalten, spielt sich die Gewalt eher in den peripheren Stadtteilen spät nachts bzw. zur frühen Morgenstunde ab. Gründe für diese Gewaltexzesse sind zu 69 % Rivalitäten zwischen Drogenbanden, von Drogenkonsumenten nicht beglichene Rechnungen oder Streitigkeiten unter Crack-Abhängigen. Auch Unbeteiligte geraten gelegentlich in Schießereien. Auch dann sind fast ausschließlich Favelabewohner die Opfer."

Statt persönlicher Sorgen und Ängste werde ich mich aber auf die Schönheit der Stadt und die Herzlichkeit der Menschen (yo, die konnte ich nun wirklich schon in 3 Tagen in Flaschen füllen, wirklich phantastisch wie freundlich man hier von den "Locals" angesprochen wird!) hier konzentrieren.

"Mit der Energie und der schlichten Schönheit Salvador da Bahias können es nur wenige Städte aufnehmen. Neben den velen Sehenswürdigkeiten innerhalb der Stadt gibt es gleich außerhalb eine herrliche Küste - phantastisch, um die tropische Pracht Bahias kennenzulernen." (Lonely Planet)

Es gibt also viel viel zu erleben. 
Tudo Bem!












Sonntag, 27. September 2015

Erster Tag ... mit Açaí


dar certo - es klappt


So, liebe Grüße an alle, die aufgrund meiner immer mal wieder aufkommenden Flugangst mit mir gezittert haben. ;-)
Der Flug war eine wunderbare Überraschung. Habe ich 2013 auf meinem ersten Brasilien-Flug (damals nach São Paulo) noch die Hölle auf Erden oder besser der Lüfte erfahren, war das heute doch ein verwöhnendes Erholungsprogramm daneben. Keine Platzprobleme wie damals, endlich schön Beinfreiheit, da haben sich die Mehrausgaben wirklich gelohnt für den XXL Platz am Notausgang. Kann ich hiermit nur jedem empfehlen. 
Genau wie das vegetarische Essen an Board der Condor, was ich mir bestellt habe. Da muss ich auch sagen: Hab ich so noch nicht aufgetischt bekommen im Flugzeug. Sehr lecker. :-)





Salvador hat mich. 
Das Highlight des ersten Tages bzw. der ersten Stunden war auf jeden Fall mein netter "Chefe", der mich von der Sprachschule am Flughafen aufgegabelt hat und mir spontan einen Açaí ausagegeben hat. Wunderbare Frucht. Genau das richtige nach den 11 Stunden Fliegen und dem anschließenden Checken der typisch brasilianischen Langsamkeit, haha... zum Schmunzeln wenn sich Klischees dann ein bisserl bewahrheiten ;-) Nun, die Sache mit den Koffern und dem Band und dem Warten... na das ist so eine Sache. Gut, dass ich darin schon geübt bin.

Meine Gastfamilie hat mich sehr herzlich empfangen und es ist schön zu merken, dass einiges dann mit der Sprache eben doch klappt, auch wenn alles etwas eingerostet ist und sich das Gehirn nach dem Flug, wo ich mich einfach auch weiterhin mit dem Schlafen schwer tue, doch irgendwie wie ein Matsch anfühlt.




Açaí auf Wiki:
https://de.wikipedia.org/wiki/Euterpe_oleracea

Freitag, 25. September 2015

"Favela Rising" (1) - Eine Favela ist was... g e n a u ?




"Favelas werden häufig fälschlicherweise als „Slums“ bezeichnet. Es handelt sich jedoch weder um Elendsviertel im engeren Sinne, noch zeichnen sie sich durch einen chaotischen, behelfsmäßigen Siedlungscharakter aus. Favelas sind konsolidierte Wohngebiete mit fester Bausubstanz. Sie bilden die Wohnräume der städtischen Unterschicht Brasiliens, die aufgrund ihres sehr niedrigen Einkommens keinen Zugang zum Wohnungsmarkt der „offiziellen“ Stadt hat.





Favelas entstanden vor über 100 Jahren als illegale Landbesitznahmen und entzogen sich lange Zeit der administrativen Planung. Wenngleich die Grundrechtsfragen heute meist längst geklärt sind, werden sie noch immer vielfach als „informelle Stadt“ erachtet und behandelt. Die „formelle Stadt“ ist derweil ökonomisch von den Dienstleistungen der Favela-Bewohner abhängig. Diese putzen, kochen oder bewachen Bürogebäude und Privathäuser, sind im Baugeschäft tätig, arbeiten als Lastenträger oder Snackverkäufer.
Als Heer billiger Arbeitskräfte wird die städtische Unterschicht gebraucht und akzeptiert. Aus dieser Perspektive ist sie vollständig in das Wirtschafts- und Gesellschaftssystem integriert. Hinsichtlich ihrer Rechte und sozialer Anerkennung ist sie jedoch stigmatisiert. Die brasilianische Gesellschaft lebt noch immer eine ausgeprägte Klassentrennung. Bewohner anderer Stadtteile haben weder das Interesse noch die Notwendigkeit, sich in den Wohnvierteln der Unterklasse aufzuhalten. So bleibt die informelle Stadt für die Außenwelt nahezu völlig unbekannt, was die Vorurteile über ihre Bewohner nur verstärkt.

 




Deshalb kommt nicht-staatlichen und politischen Initiativen große Bedeutung zu, die sich darum bemühen, die Lebensbedingungen in den Favelas und deren Image zu verbessern. Hierzu zählen Sozialprogramme wie die Bereitstellung von kostenlosem Internetzugang, Investitionen in die Ver- und Entsorgungsstrukturen, aber auch die Befriedungsprogramme wie z.B. der Stadtregierung Rio de Janeiros, die für mehr Sicherheit sorgen sollen. Wichtig für das Bild der Favelas in der Öffentlichkeit ist auch das wachsende touristische Angebot an „Favela-Tours“. Durch bessere Zugangsmöglichkeiten der Favela-Bewohner zu Internet und sonstigen Medien wurden in der letzten Zeit auch eigene Filmproduktionen möglich, wie zum Beispiel „Cinco vezes favela – por nós“. Sie zeigen den Lebensalltag all der Bewohner, die die Favela für ihre Existenzsicherung benötigen – und nicht die höchstens fünf Prozent, die sie für illegale Machenschaften nutzen."

© and props to Veronika Deffner
http://www.dandc.eu