Dienstag, 15. Dezember 2015

Freiwilligenarbeit in Garça Torta und Benedito Bentes

Zeit mal etwas über meine Aktivitäten in den letzten 4 Wochen in Maceió zu schreiben. :-)
Ich habe weiter jeden Tag unter der Woche fleißig morgens Portugiesisch-Unterricht gehabt, dieses Mal aber nur mit Emelie und im Wechsel bei meinen Lehrern Alexandre, Otávio und Kathia. Zu zweit ist das schon was anderes als mit 3, 4 Leuten in der Gruppe... 

Daneben habe ich auch in anderer Hinsicht mit Sprachen zu tun gehabt - ich habe nämlich in zwei verschiedenen Projekten Englisch - Unterricht gegeben bzw. diesen zusammen mit Alexandre durchgeführt. 
Zum einen habe ich ihm bei den Kursen an der Pitágoras-Fakultät im Viertel Benedito Bentes geholfen und zum anderen habe ich zusammen mit Emelie und Melina im "Haus der Künste" in unserem kleinen Fischerdorf Garça Torta kleinen Kindern die ersten englischen Wörter beigebracht. Zwei ganz unterschiedliche Altersgruppen und Nivea-Stufen was die Sprache betrifft, aber beides war sehr interessant und hat mir viel Spaß gemacht! :-))

Es ist aber nicht so einfach, wie viele von euch jetzt vielleicht denken mögen. In Brasilien liegt eine ganz andere Situation vor, was den Englisch-Unterricht an den öffentlichen Schulen betrifft. Dies kann und sollte man auf keinen Fall mit der Situation in Deutschland vergleichen, wo jedes Kind zumindest einige Sätze fehlerfrei sprechen kann... in Brasilien ist das anders.

Zwar hat jedes Kind Englsich-Unterricht im Stundenplan, sogar über mehrere Jahre. Das Problem ist nur, dass mit völlig veralteter Didaktik fast nur stumpfe Grammatik und schriftliche "Abschreibübungen" durchgeführt werden. Auf das Sprechen wird so gut wie gar kein Wert gelegt ... so haben es mir bestimmt 20 verschiedene Einheimische erzählt, die ich immer wieder nach den Ursachen gefragt habe. VIele BrasilianerInnen können dann einfach kaum einen Satz formulieren und aussprechen, auch wenn sie einige Jahre Unterricht an der Regel-Schule hatten. Klar, einige bringen sich selbst über das Internet Englisch bei und verbessern ihr Niveau... aber insgesamt ist das Niveau schon eher sehr bescheiden. 
Viele Jugendliche können wirklich kaum einen Satz fehlerfrei aussprechen... geschweige denn einfachste Konversationen auf Englisch führen. Es gibt sicherlich auch andere Beispiele, aber der Großteil tut sich wirklich sehr schwer mit der Sprache - was eben insbesondere an der defizutäten schulischen Situation liegt.

An der Pitagoras Fakultät können Jugendliche bzw. junge Erwachsene diese schulischen Defizite "ausgleichen/ nachholen". Es ist ein kleines Institut, welches abends und am Wochenende Kurse in verschiedenen Fremdsprachen, eben aber im Schwerpunkt Englisch, anbietet. Einige der "SchülerInnen" sind am studieren, andere arbeiten schon. 

Bei dieser Arbeit kam mir natürlich zugute, dass ich aufgrund meiner Zeit im Referendariat natürlich nicht das erste Mal vor Leuten gestanden habe, die etwas lernen wollten... ;-) Alexandre, mein Portugiesisch-Lehrer, unterrichtet auch hier und "brauch" immer wieder Freiwillige wie mich... damit eben ein anderer, viel stärker sprachbasierter Unterricht mit den Schülern ermöglicht werden kann.
Insgesamt waren das wirklich sehr wertvolle Erfahrungen und die Diskussionsrunden und Unterrichtsstunden, die ich mit den Schülern/Studenten durchgeführt habe, waren wirklich sehr interessant. Am Ende habe ich dann sogar noch eine schriftliche und mündliche Prüfung, die mir Alexandre überlassen hat, abgenommen; da sind einige im Endspurt noch etwas nervös geworden, aber letztendlich hat alles geklappt und alle haben ihr angestrebtes Zertifikat bekommen.

Den andere Teil meiner Freiwilligenarbeit habe ich zusammen mit Emelie und Melina, die auch mit mir zusammen bei GoBrazil untergebracht sind, durchgeführt. In Garça Torta gibt es seit vielen Jahren ein kleines Häuschen - das "Casa da arte", wo verschiedene Angebote für die Kinder und Jugendlichen hier im "Dorf/ Viertel" angeboten werden. Seit einigen Jahren gibt es dort an 3 Abenden die Woche auch Englisch-Unterricht für die Kleinsten der Kleinen - für die Grunschüler ab Klasse 3... aber nur, sofern es dafür Freiwillige wie uns gibt. Sehr viele von Kids habe an ihrer Schule noch gar keinen Englisch-Unterricht gehabt, einige sind aber auch dabei, die schon ein paar Wörter können. Es ist also eine sehr heterogene Gruppe, deswegen traf es sich gut, dass wir zu 3. waren... dazu kommt, dass brasilianische Kinder (also die, die ich kennengelernt habe) noch viel viel aufgedrehter, lauter und lebhafter sind als die Kinder in Deutschland, die ich dort an den Grundschulen erlebt habe. Und bitte: Ich weiß, wovon ich spreche... Duisburg-Marxloh, also bitte. ;-)
Besonders lustig fand ich, dass hier die Kinder die Lehrer immer Onkel bzw. Tante nennen... und klar, mit meinem Namen, das war sehr schwer bist fast unmöglich das auszusprechen, damit haben ja schon die Erwachsenen ihre Probleme. 
Davon ab, das Unterrichten bzw. die Durchführung der Englisch-"Spiele" war wirklich nicht so einfach, wie ihr vielleicht denken könnt. Die Kinder selbst sprechen natürlich ein anderes Portugiesisch als das, was ich gelehrt bekomme... und sie selbst sprechen eben kaum ein Englisches Wort, da muss man dann manchmal ein bisserl mit dem Körper sprechen ;-) 

Sehr schöne und wertvolle Erfahrungen... wenn ich jetzt an die Freude und die lachenden Gesichter der Jungen und Mädchen denke. Deswegen mag ich es so gerne mit Kindern zu arbeiten ... und die Kinder hier haben eben nochmal ganz andere Lebensverhältnisse als in Deutschland, aber sie sind eben noch ganz kleine Kindern und sind zum Glück noch kaum bzw. gar nicht in Kontakt mit all den Sorgen, Problemen und Schwierigkeiten, die hier die Menschen in Alagoas so im Alltag haben. 

Ich werde mich besonders an einen Moment und das gemeinsame Lachen und die Euphorie erinnern, als wir zum Abschluss einer Stunde einfach nur mit einem Luftballon gespielt haben, dass er nicht auf den Boden fallen darf ... und wenn wir nicht irgendwann hätten Schluss machen müssen, hätten die 7 Mädels noch ne halbe Stunde weitergespielt und hätten immer weiter gelacht und ihrer puren Lebensfreude Ausdruck verliehen. :-) 
ALEGRIA!

https://pt-br.facebook.com/CentroDeIdiomasBR
http://www.faculdadepitagoras.com.br/



mit Alexandre und Emelie bei einer Gruppendiskussion






Die Fakultät befindet sich inmitten eines riesigen Shoppings. Tja, so ist das in Brasilien ;-)


Alle ganz konzentriert bei der Sache...


... nur mt der Technik ist das so eine Sache. ;-)



tudo beleeeza! :-)


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Besuch einer weiterführenden Schule im größten Stadtteil Maceiós: Benedito Bentes












Vorstellungsrunde auf portugiesisch und auf englisch :-)

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Das "Casa da Artes" und meine beiden Mitstreiterinnen Emelie und Melina







Montag, 14. Dezember 2015

die Brasilianer und die Shoppings in der Weihnachtszeit

Die (Oberschicht-) Brasilianer lieben ihre Shoppings... diese Hochsicherheits-Einkaufs-Gigantismus-Tempel. Das ist echt so ein Kultur-Ding, was hier nach einigen Jahrzenten fest verankert ist im Alltag. "Lass uns ins Shopping gehen..." Großfamilien rollen mit all ihren Kindern an, geben sie in der Betreuung ab und können dann den ganzen Tag shoppen. Und in all den kleinen Läden der Weltmarken stehen immer minimumm 3-4 Mitarbeiter...  teilweise noch mehr. Meist würde eine Person schon genügen, aber hier sind die Arbeitskräfte ja pervers günstig. Da kann man es sich leisten, dass 3-4 einfach nur den Tag über in der Gegend herumgucken und warten... ;-)
Brasilianer und ihre Shoppings, das ist schon eine sehr spezielle Sache.

Und sie lieben all diesen Weihnachts-Krimbim, den wir auch in Europa haben... Tannenbäume, Weihnachtsmann, bunte Lichter und jede Menge Kitsch. Und ich meine wirklich jede Menge... uuuh, was ich hier für Sachen gesehen habe. Erspare ich euch lieber, deswegen nur ein paar weihnachtliche Fotos... ;-)













Sonntag, 13. Dezember 2015

Bewegte Bilder aus und um Garça Torta


Sonnenaufgang hier am Strand



mein Nachbarviertel hier am Rand von Maceió: Riacho Doce



bewegende kleine Foto-Doku über die inzwischen "abgerissene" Fischer-Favela am Hafen in Maceió



"Mein" Hausstrand :-) Ein Paradies!

Maceió, Alagoas - eine Großstadt zwischen Traumstränden und Kriminalität (2)

"Vom Urlaubsparadies zur Verbrecherhochburg

Bis vor ein paar Jahren stand die Hauptstadt von Alagoas im Nordosten Brasiliens mit ihrem tropischen Flair, Korallenriffs und Bilderbuchstränden bei Touristen und Sprachschülern hoch im Kurs. Doch im Gegensatz zu São Paulo und Rio de Janeiro, wo die Kriminalität in den letzten zehn Jahren aufgrund des wirtschaftlichen Wachstums und verbesserter Lebensbedingungen kontinuierlich zurückgegangen ist, hat sich die Sicherheitslage in Alagoas und besonders in Maceió dramatisch verschlechtert.

Trotz Tourismusindustrie herrscht dort überdurchschnittlich viel Armut und soziale Ungerechtigkeit. In Alagoas lebt über die Hälfte der Bevölkerung unter der Armutsgrenze, etwa ein Viertel kann weder lesen noch schreiben. Vor allem in den 15 großen Favelas (Slums) von Maceió herrschen unhaltbare Zustände.

Mit der Perspektivlosigkeit steigen Unzufriedenheit, Alkohol- und Drogenkonsum. Vor allem Crack wird für die hohe Gewaltbereitschaft verantwortlich gemacht. Drei Euro Schulden beim Dealer bezahlen viele Jugendliche schon mit dem Leben. Freunde töten sich gegenseitig, Mütter verlieren mehr Söhne als zu Kriegszeiten. Bei den Mordopfern handelt es sich vorwiegend um junge, drogenabhängige, arbeitslose Analphabeten. Zudem werden unter den Zuckerrohrbauern und Viehzüchtern Rechnungen oft mit Fäusten und Messern beglichen – oder gleich per Auftragskiller."

http://the-worldtraveler.com/lateinamerika-die-gefaehrlichsten-staedte.html

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Zeitungsbericht von derwesten.de - hier äußert sich auch Svetlana, die hier die goBrasil -Sache organisiert, zu den Zuständen auch hier im kleinen Vorort Garça Torta:

"Von meinen Freunden und Bekannten bekomme ich momentan nur neidische Blicke und Nachrichten, schließlich verbringe ich meinen Winter in einer wundervollen Stadt direkt am Strand. Doch dass hier gar nicht alles so toll und unproblematisch ist, erkennt man schnell, wenn man einmal hinter die Fassade blickt . Denn die Millionenstadt Maceió ist die gefährlichste Stadt Brasiliens.

Im Vergleich zu anderen Hauptstädten brasilianischer Bundesstaaten führt Maceió die Verbrechensstatistik an – und in ganz Lateinamerika liegt die Stadt an zweiter Stelle mit 85 Morden pro 100 000 Einwohner (im Jahr 2012). Dabei steht die Hauptstadt von Alagoas im Nordosten Brasiliens mit ihrem tropischen Flair, Korallenriffs und Bilderbuchstränden bei Touristen hoch im Kurs. Doch trotz wachsender Tourismusindustrie herrscht hier überdurchschnittlich viel Armut und soziale Ungerechtigkeit. In dem Bundesstaat Alagoas lebt über die Hälfte der Bevölkerung unter der Armutsgrenze, etwa ein Viertel kann weder lesen noch schreiben. Vor allem in den großen Favelas und Vororten von Maceió herrschen unhaltbare Zustände. Durch diese Perspektivlosigkeit entstehen schnell Unzufriedenheit, Alkohol- und Drogenkonsum und die Gewaltbereitschaft steigt. Drei Euro Schulden beim Dealer bezahlen viele Jugendliche schon mit dem Leben.

Auch ich höre fast täglich in den Nachrichten von neuen Verbrechen in meinem momentanen Wohnort und mir wird immer bewusster, dass ich mich hier nicht einfach so verhalten kann wie in Deutschland. Abends am Strand joggen gehen oder nachts vom nächstgelegenem Vorort mit dem Fahrrad nach Hause fahren sind Gewohnheiten, die ich hier schnell abzulegen wusste. „Als ich im Oktober hierher zog, wurden in unserer Nachbarschaft kurze Zeit später sechs Männer erschossen“, erzählt Svetlana Pashchenko, eine junge Deutsche, die hier in Maceió ein Praktikum absolviert.

Für viele kommt diese Nachricht überraschend: Im Vergleich mit anderen Hauptstädten brasilianischer Bundesstaaten führt Maceió die Verbrechensstatistik an. Wurden im Jahr 2000 360 Morde registriert, waren es 2010 schon 1 025. 2011 kletterte die Zahl sogar auf 1 564, das sind rund 135 Morde auf 100 000 Einwohner. Alle zwei Stunden ließ 2013 in Maceió ein Mensch sein Leben. Die Opfer sind in der Regel zwischen 18 und 29 Jahre alt. Doch niemand redet, niemand hilft. Unter Freunden und in den Familien geht die Angst um, wer als nächster dran sein könnte. Aber auch das ist keine Überlebensgarantie: Wer der Polizei aus Angst vor Racheakten nicht hilft, kann sich meist seines Lebens nicht mehr sicher sein – zum Beispiel wenn ihm die Drogenbosse nicht glauben, dass er geschwiegen hat …"

http://www.derwesten.de/staedte/nachrichten-aus-bad-berleburg-bad-laasphe-und-erndtebrueck/in-der-gefaehrlichsten-stadt-id8961873.html

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"Das Papadrómo von Maceió

Es war, ist und bleibt ein heiliger Ort. Zumindest für Luzinete dos Santos. Sie war damals vor 16 Jahren zwar nicht mit dabei, doch sie hat viel darüber gehört. Alleine darum respektiert sie diesen Platz. Nicht wie die anderen. Die anderen, dass sind Drogendealer, Verbrecher, Gesindel. Sie lungern herum, trinken, nehmen Drogen und feiern Feste. Und sie machen Geschäfte. Zudem haben sie alles gestohlen was nicht niet- und nagelfest war.
Papadromo. Wir sind in Maceió, der Hauptstadt des Bundesstaates Alagoas. Hier steht eine von zwei Konstruktionen in Brasilien, welche nur für einen einzigen Zweck gebaut worden sind. Eine Papstmesse. Am 19. Oktober 1991 versammelten sich zehntausende von Gläubigen auf dem fussballfeldgrossen Platz am Rand der Küstenstadt, um Papst Johannes Paul II. bei seiner Brasilienreise zu erleben und mit ihm gemeinsam zu beten.

Die Gläubigen sind verschwunden. Und Gott anscheinend auch. Lange Zeit blieb der Ort verwaist, Vandalen hinterliessen ihre Spuren. Nur ab und zu wurde hier in der Vergangenheit für eine Weihnachtsmesse genutzt. Ansonsten haben sich hier maximal Regionalpolitiker im Wahlkampf eingefunden. Es ist ein offener Altar, früher war rechts und links davon Panzerglas zum Schutz des Ponitfex montiert gewesen, doch auch dieses sucht man heute vergeblich. Nur die aus Beton und Stein gefertigten halbrunden Treppen, die den Ort wie ein römisches Theater aussehen lassen, fanden noch keine andere Verwendung.

Nun hat der Ort wieder ganzjährig eine Verwendung gefunden. Unter dem weitläufigen Dach wird heutzutage gehandelt. Kokain, Marihuana, Crack und LSD wechseln hier den Besitzer. Früher muss es mal ein wunderschöner Ort gewesen sein. Am Stadtrand gelegen, malerisch umrahmt von dem im Hintergrund gelegenen Lagoa Mundaú. Doch diesen Blick sucht man heute vergeblich. Denn zwischen dem “Praça do papa“, dem Papstplatz und dem See hat sich eine Favela gezwängt, die Vila Brejal. Dort wohnt Luzinete in einer einfachen Holzhütte. Es ist eine der ärmsten Gegenden von Maceió.

So hat sich das “Papadrómo“, wie es im Volksmund genannt wird, zu einem rechtsfreien Raum entwickelt. Massnahmen der Polizei sind wirkungslos, da diese schon aus weiter Entfernung sichtbar ist. Bis die Ordnungshüter am Altar angelangt sind, sind Banditen und Drogenhändler bereits lange in der angrenzenden Favela verschwunden. Der Erzbischof von Maceió, Antônio Muniz will nun verstärkt etwas dagegen unternehmen. Wer der rechtmässige Eigentümer ist, ist jedoch unklar. Fragt man im Rathaus des Küstenortes nach, bekommt man eine verwirrende Information. “Der Platz gehört nicht dem Staat und auch nicht der Stadt. Er gehört dem Volk und so ist es auch eingetragen“ erklärt Bürgermeister Cícero Almeida. Nach seiner Aussage hat das Militär von Alagoas entsprechende Pläne mit dem Objekt. Aus dem Gouverneurspalast hört man genau das Gegenteil. “Die Stadt ist Eigentümer“ so Vizegouverneur José Wanderley Neto. Und die Regierung des Bundesstaates habe derzeit keinerlei Pläne für eine Nutzung der Fläche.

Daher will laut Muniz sich auch niemand darum kümmern, Reparaturen durchführen oder das Gelände regelmässig säubern. Doch noch ist die Kirche machtlos. “Wir können aber nicht einfach hingehen und den Platz besetzen. Wir hoffen, dass dieser Ort der Kirche gestiftet oder zur Verfügung gestellt wird“, so der Erzbischof in einem Zeitungsinterview. Das “Papadrómo“ sei für ihn ein “Schatz des Staates Alagoa“ und die Kirche wolle es unbedingt für die Menschen erhalten und renovieren.
Von den Plänen der Kirche weiss Luzinete nichts. Doch sie erinnert sich genau an die Wahlkampfreden der Politiker. “Hier auf der Bühne haben sie gestanden. Sie haben uns versprochen, das Elend hier in der Favela zu verringern. Es wurden uns Siedlungen versprochen. Aber nichts ist geschehen.“
Sie wird wütend, wenn sie daran denkt, wie dieser Ort nun von Kriminellen missbraucht wird. Und dass dem niemand endlich Einhalt gebietet. Auf die Drogendealer angesprochen kann sie nur den Kopf schütteln. “Denen fehlt einfach Gott im Herzen“ sagt sie traurig und kehrt in ihre Favela am Seeufer zurück."

http://www.brasilienportal.ch/wissen/brasilien-report/kurz-reportagen/das-papadromo-von-maceio/

Maceió, Alagoas - eine Großstadt zwischen Traumstränden und Kriminalität (1)

Maceió gilt in Brasilien als die Stadt mit den schönsten Stränden und der schönsten "Orla" (Strandpassage) in ganz Südamerika, die sogar noch die von Rio "schlägt" - doch leider ist die Stadt darüber hinaus vor allem für ihr Gewalt- und Drogenproblem bekant.

In den Statistiken lag die Stadt die letzten Jahre immer unter den 10 gefährlichsten Städten der Welt... 
Ein paar Texte, um die Situation ausführlicher darzustellen:




"Eine typische Nacht in Maceió – einer Stadt im Norden Brasiliens. Leutnant Washington und seine Männer rüsten sich für eine lange Nacht – bewaffnet bis an die Zähne.O-Ton Washington, Polizist: “Wir haben ein Gewehr, eine Waffe von kleinerem Kaliber und ein Maschinengewehr. Auf der Fahrerseite haben wir außerdem noch eine Neunmillimeter-Waffe.“ Maceió gilt als gefährlichste Stadt Brasiliens. 

Damit sich das ändert, fahnden die Militärpolizisten in den Armenvierteln nach Waffen und Drogen. O-Ton Soldat Vinicius, Militärpolizist:“Es ist eine Art göttliche Mission, damit wir anschließend wieder nach Hause fahren und mit unseren Familien in Frieden leben können.“Jede Nacht das gleiche Szenario: Die Männer fahren in den Favelas Streife, stellen Fragen und suchen nach Verdächtigen. Die Spirale der Gewalt ist längst außer Kontrolle geraten. 

In den vergangenen zehn Jahren ist die Mordrate um 180 Prozent gestiegen. Opfer sind meist Crack-Abhängige. Die hochgradig süchtig machende Form von Kokain ist in den Elendsvierteln leicht zu bekommen.O-Ton Washington, Polizist:“Die meisten Süchtigen werden umgebracht, weil sie ihre Schulden bei Dealern nicht bezahlen können. Die Drogenhändler zeigen gerne auf diese Art, wer am längeren Hebel sitzt und statuieren mit einem Mord ein Exempel.“

Allein im Jahr 2011 wurden hier 1500 Menschen umgebracht. Einst für seine idyllischen Strände und die prachtvolle Architektur bekannt, gilt Maceió mittlerweile als drittgefährlichste Stadt der Welt – nur überrundet von San Pedro Sula in Honduras und Ciudad Juarez in Mexiko. Viele machen einen Mangel an staatlicher Versorgung für die Misere verantwortlich.

Ruth Vasconcelos, Gewaltforscherin:“Die Politik muss sich um die Gesundheit der Bürger, um die Unterkünfte und die Reinigung der Stadt kümmern. Unsere Einwohner brauchen Arbeit und einen Lohn, der es ihnen erlaubt, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen, sie brauchen eine Zukunftsperspektive.“Severino lebt in einem der gefährlichsten und ärmsten Viertel der Stadt. Drogendealer haben fünf seiner Söhne getötet. Dabei ging es um Schulden von weniger als umgerechnet 20 Euro.O-Ton Severino Lopez, Einwohner eines Elendsviertels:“Sie sind in die Drogenwelt abgerutscht, weil sie dachten, es würde ihnen eine bessere Zukunft bescheren, obwohl wir ihnen immer davon abgeraten haben.“Die Hälfte der Bevölkerung in Maceió lebt unter der Armutsgrenze, gleichzeitig ist die Mordrate viermal höher als im Rest des Landes. Noch in dieser Nacht wird es laut Statistik zwei weitere Morde geben."

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"Es klingt fast wie eine Lüge. Im scheinbar tropischen Paradies, dort wo sich Brasiliens Traumstrände befinden und deren Einwohner eine Seelenruhe ausstrahlen als könnten sie keiner Fliege etwas antun, befindet sich das Zentrum von Mord und Totschlag.

Laut einer statistischen Erhebung liegen 16 der 50 gefährlichsten Städte der Welt (mit mehr als 300.00 Ew.) in Brasilien. 9 dieser Städte liegen in der Region Nordosten, davon 8 Bundeshauptstädte. Als am gefährlichsten wurde die Städte Maceio mit 80 Morden auf 100.000 Einwohner und Fortaleza mit 73 Morden auf 100.000 Einwohner genannt. Der Mittelwert des Nordostens Brasiliens liegt bei 55 Morden und ist damit doppelt so hoch wie der Landesdurchschnitt in ganz Brasilien.
Als Hauptgrund wird der Drogenhandel genannt, auf dessen Konto ca. 60% aller Morde gehen. Selbstjustiz, Rache und Eifersucht zählen ebenfalls zu den Ursachen der hohen Kriminalität.

Aus vielerlei Sicht ist die fehlende Bildung, die damit verbundene Armut und Aussichtslosigkeit auf eine gesichterte Zukunft der Hauptfaktor für das Abrutschen in die Kriminalität und das Morden aus banalen Gründen. Hinzu kommen korrupte Strukturen innerhalb der Polizei und ein extrem träger Justizapparat. Zunehmende Kriminalität unter Minderjährigen und deren Straffreiheit führen dazu, dass diese Gruppe immer mehr in die Fänge von Drogenbanden gerät und für ihre Zwecke ausgenutzt wird. Auftragsmorde durch Minderjährige sind in Brasilien keine Seltenheit.Die Bildung des eigenen Volkes ist Auftrag der Regierung. Genau die versäumt es seit Jahrzehnten in ein qualitativ hochwertiges staatliches Bildungssystem zu investieren. Hinzu kommen fehlenden Investitionen in Infrastruktur und Industrie, sodass der Nordosten zurecht das Armenhaus Brasiliens genannt wird."

http://pebupage.net/BERjournal/2015/11/26/nordosten-brasiliens-gefaehrlichste-region-der-welt/
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Maceió, zwischen dem Meer und der „Mundaú-Lagune“ gelegen, wird auch die „Stadt des Wassers“ genannt. Die Tupi-Indianer, nannten diesen Ort „Maçai-o-k“: der die Lagune verstopft.

Die Stadt hat sich auf einer natürlichen, vom Meer geschaffenen Terrasse ausgebreitet und langsam die Mündung des Rio Mundaú „verstopft“ hinter dem Damm entstand die „Mundaú-Lagune“ und der Fluss suchte sich einen anderen Weg ins Meer, am südlichen Ausläufer der Stadt, dem „Pontal“.
Die Terrasse, auf der sich die Stadt zuerst entwickelte, bevölkerte sich, und breitete sich dann auf einer zweiten, höheren Terrasse aus und als die nicht mehr genügte, wurde die dritte Terrasse bebaut. Die „Oberstadt“ entstand, im Areal der „Jacutinga“, wo sich heute der Stadtteil des Leuchtturms (Bairro do Farol) befindet. Er wurde so genannt nach dem dort installierten Leuchtturm, hoch oben am Ende der antiken „Ladeira da Catedral“, die heute „Rua Dr. Osvaldo Sarmento heisst.

Maceió präsentiert also insgesamt drei unterschiedliche Bebauungspläne:
1. Der Küstenstreifen mit Höhen zwischen 2 und 4 m über dem Meer.
2. Der etwas höhere, mit Höhen zwischen 8 und 10 m über dem Meer.
3. Die Terrasse des antiken „Planalto da Jacutinga“, wo heute die Stadtteile „Farol, Gruta, Pitanguinha, Pinheiros und Tabuleiro do Martins“ liegen, mit 40 – 50 m über dem Meeresspiegel.

Gegründet am 16. September 1815, entwickelte sich die Stadt vornehmlich als ein Zentrum des Zucker- und Baumwollhandels, rund um eine dortige Zuckerverarbeitung und Schnapsbrennerei herum. Im 20. Jahrhundert übernahm sie dann die Rolle eines Seehafens für grosse Schiffe, die in dem bisherigen Hafen „Jaraguá“ nicht mehr abgefertigt werden konnten.

Heute hat sich Maceió, mit etwas über 1,2 Mio Einwohnern, zu einer der schönsten touristischen Städte Brasiliens entwickelt. Neben der großen Beliebtheit bei argentinischen Touristen fangen auch Europäer an, seine besonderen Attraktionen zu entdecken - wozu zweifellos auch die besonders schönen Stadtstrände gehören, deren Farbe, je nach Lichteinfall, einmal ins Türkisgrün und dann wieder in ein tiefes Blau wechseln. Die Sonne, die hier an 300 Tagen im Jahr scheint, erhält das Wasser stets in angenehmen lauwarmen Temperaturen.

Maceió besitzt eine beneidenswerte touristische Infrastruktur: Hotels, von einem bis zu fünf Sternen in internationalem Standard und Luxus, aber auch einfache „Pousadas“ und Herbergen, die meisten von ihnen am Meer. Restaurants und Bars (die meisten mit typischer Live-Musik), strategisch installiert an den Stränden „Pajuçara, Ponta Verde, Jatiúca“ und „Stella Maris“.  Die Hauptstadt von Alagoas ist eine moderne Stadt, voller Neubauten und solcher, die gerade fertig gestellt werden – besonders innerhalb der Stadtteile mit Strandnähe – mit steigenden Besucherzahlen, von Jahr zu Jahr. Rund um die Stadt gibt es insgesamt 22 Lagunen. Die bekanntesten sind: „Mundaú, Manguaba, Roteiro“ und „Jequiá“. Die ersten beiden sind durch einen Kanal miteinander verbunden und bilden zusammen den „grössten lagunaren Komplex Südamerikas“.

Maceio ist eine moderne Großstadt die, wie fast alle in Brasilien, extreme soziale Differenzen nicht leugnen kann. Riesige moderne Apartmenthäuser reihen sich neben einfachere Wohnhäuser oder noch einfachere aus Blech und Holz gezimmerte Hütten. Oben beschwert man sich, wenn die Klimaanlage mal wieder ausfällt und weiter unten ist man froh, wenn es einfach nur Strom und Wasser gibt. 

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Der Bundesstaat Alagoas gehört zu den kleineren Staaten, nach der Fläche ist er der zweitkleinste, nach der Bevölkerungszahl der siebzehnte von 27. Er liegt im Nordosten, dem "Armenhaus" Brasiliens. Maceió hatte eine  1984 noch 399.298 Einwohner; der gewaltige Zuwachs in nur wenigen Jahren brachte diesem armen Land neben Beschäfitungsproblemen kaum gedeckte Infrastrukturbedürfnisse wie Wasser, Strom, Wohnung, Transport und Erziehung. 

Garça Torta - Maceió: Malus Haus (2)