Samstag, 21. November 2015

o dia a dia (Der Rythmus des Lebens und das gefühlte Klima hier in Bahia)

... Zeit, um mal etwas zum Alltag und den klimatischen Gegebenheiten zu schreiben:

Blick aus meinem Fenster in der Mittagshitze (1), selten dass ich zu der Zeit da mal "zu Hause" war

Was der/ die ein oder andere vielleicht nicht immer so im Bewusstsein trägt ... wenn er / sie an Wärme, Sonne, Strand denkt und dabei den inneren Kompass auf Europa im Sommer stehen hat:

Hier in Salvador ist der Rhythmus des Alltags etwas anders:
Aufgrund der geographischen Lage Salvadors beginnen die Tage hier sehr früh und das Leben und die Menschen hier haben einen ganz speziellen Rhythmus. Nicht dass jemand von euch denkt, dass man hier bis 10 auf der Dachterrasse in der Sonne sitzen kann ;-) Aufgrund der Lage Salvadors gibt es eigentlich nur 2 richtige "Jahreszeiten": Die Regenzeit in den Monaten Mai, Juni, Juli ... und eben den Rest des Jahres. ;-) Heiß ist es hier durchgehend das ganze Jahr, klar. In den Sommermonaten ist es dann entsprechend 2,3 Grad im Durchschnitt heißer... und mit heiß meine ich jetzt: Gefühlt wirklich heiß. Die 30 Grad fühlen sich hier definitiv anders an als in Deutschland, Stefan. ;-) 
Demzufolge gibt es natürlich auch hinsichtlich Sonnenaufgang und -Untergang nur geringe Unterschiede im Jahresverlauf verglichen mit den Gegebenheiten in Europa. Die Tage sind quasi "gefühlt" immer gleich lang. ;-) Zwischen 11-13 Stunden. Man hat also schon eine Menge Menge Sonnenstunden und einen langen hellen Tag! :-)

Das Leben hier in Salvador und insgesamt an der Nord-Ostküste startet sehr sehr sehr früh! Puh, die ersten Tage war das schon eine Umstellung. Ich bin jetzt keiner, der große Probleme mit Jetlag oder wenig Schlaf hat... von daher war das alles entspannt. Jedoch der frühe Beginn des Lebens hier, das war schon eine Umstellung die ersten Tage. Mit früh meine ich jetzt nicht , dass das Leben hier um 8 Uhr losgeht oder noch später wie man vielleicht denken könnte wenn man im Hinterkopf hat: "Och, die Brasilianer sind ja alles so entspannt, easy-going Lifesytle;-) Neee. Wirklich früh. Eben aufgrund des Sonnenaufgangs.

Der Sonnenaufgang ist im Oktober / November immer um 5 Uhr früh bzw. teilweise noch früher. Ja, um halb 6 -6 sind wirklich schon viele viele Sportler am Strand unterwegs und ab halb 7 spätestens ist die Straße an meinem Fenster wirklich richtig belebt! Der Supermarkt um die Ecke macht auch um 7 auf, teilweise noch früher und die ganzen anderen Läden und Geschäfte hier in der Straße meistens auch. Rush-Hour in den Straßen ist auch schon ab 6, halb 7... die Leute haben ja oft sehr lange Fahrten vor sich, so wie Carlinda in meiner Familie, die ca 1,5 Stunden mit dem Bus von ihrem Viertel bis nach Barra braucht. 

Für mich ist ist es hier anfangs so gewesen, dass es mir so vorkam als wäre "8 Uhr im Sommer in Deutschland hier 6 Uhr in Brasilien", einfach darauf bezogen wie das Leben hier schon morgens pulsiert. Es geht also alles richtig früh los...
Die Sonne geht dann auf das Jahr bezogen immer zwischen 5 und 6 Uhr abends unter, eine Zeitumstellung gibt es hier im Bundesstaat Bahia nicht.

Interessant ist, dass sich die Innenstadt Salvadors dann auch recht schnell ab 6 Uhr "verschließt", die Läden machen zu und die Straßen werden sehr schnell sehr leer. Alles drängt an die Bushaltestellen und in die Busse nach Hause. Man denkt sich: "Huch, es ist doch erst halb 7, wo sind die ganzen Leute in den Straßen?"
Das geht wirklich ganz ganz schnell: Eben war man noch in einer belebten Straße, wo alle 20 Meter irgendwer einen kleinen Stand mit Essen und Getränken hat und auf einmal... totale Leere, Dunkelheit und dieses besonders sparsame Licht, das überall in den Straßen abends einsetzt. Und dieses Licht ist wirklich "sparsam" und alles andere als hell; und sorgt nicht unbedingt dafür, dass man denkt "Klar, hier kann ich mich sicher bewegen"... wenn ihr versteht. Dieses gelbe Straßenlicht nachts verleiht dem Ganzen eher noch zusätzlich ein sehr "bedrohliches" Flair...

Nun, man muss wissen und darf das wirklich nicht unterschätzen: Die Dunkelheit verändert hier wirklich alles, besonders was die Sicherheit angeht. Nicht umsonst wird immer unterschieden zwischen Tag und Nacht bei der Beantwortung solcher Fragen wie: "Kann ich hier relativ sicher lang gehen / Kann ich in diese Straße reingehen?" Wie gesagt, besonders in der Altstadt, dem Pelourinho muss man wirklich aufpassen weil dieser Prozess, wo sich die Straßen leeren, wirklich sehr schnell passiert. Alleine sollte man dann abends wirklich zusehen, dass man da schnell wegkommt...weil sich das Leben dann aus den Straßen abseits der großen Hauptstraßen zurückzieht.
Klar, einzelne Ketten, Fitness-Studios, Sportanlagen,Supermärkte ... die haben alle bis 10 auf, aber insgesamt beginnt mit der Dunkelheit ab 6 Uhr eben ein anderes "Leben". 

Ich nenne es den "zweiten Abschnitt des Tages". Auch wenn es nicht mehr heller Tag ist, so gehört dieser Abschnitt bis 11 Uhr ganz klar zum Alltagsleben dazu: Oftmals hat man erst zu dieser Zeit aufgrund der Hitze "tagsüber" die Gelegenheit für bestimmte Dinge: Sport, Lernen, Hobbies pflegen; viele Studenten haben z.B. nur Abendkurse ... für bestimmte Dinge gibt es eben aufgrund der Hitze nur Abends die Gelegenheit.

Während es im Zentrum dann abseits vom Pelourinho Viertel, wo natürlich immer bis spät in die Nacht das Leben tobt, sehr leer, verlassen und einsam wird, ist das Leben in den Vierteln auch unter der Woche noch bis 10, 11 sehr lebendig: Die Leute sitzen in den Bars, Kneipen, Garagen-"Trinkhallen", an den Hauptstraßen ... aber in all den anderen Straßen wird es finster und unsicher, besonders natürlich in den ärmeren Gegenden. 
In Barra ist das aufgrund der Besonderheit durch die vielen Hotels, Touristen und der Strandavenida nicht ganz so extrem, aber auch hier gibt es dann Gassen, wo man im Dunkeln lieber überlegen sollte, ob man alleine da durchgeht oder nicht.
Das "normale" Nachtleben außerhalb von bestimmten Clubs findet aber ganz klar auf der Straße statt: Einfach ein paar Stühle rausstellen, Bier und ein paar warme Snacks...von kleiner Garagen-Hinterhof- Bar bis zu den vornehmen und teueren Bars in den angesagten Straßen: Gefeiert und getrunken wird draußen auf der Straße. Logisch: Es ist ja selbst um 9 Uhr noch mit 26° C sehr warm.

An den Avenidas und in den belebten Vierteln wie Rio Vermelho mit den vielen Bars, Restaurants und Nachtclubs pulsiert das Leben natürlich bis in die tiefe Nacht ...aber was die "normalen" Hauptstraßen mit ihren Bars betrifft, so muss man sich einfach vor Augen halten, dass hier aufgrund des Sonnenuntergangs der Rhythmus einfach ein anderer ist und unter der Woche die Leute natürlich nicht immer bis 1 in den Kneipen hängen wenn sie um 5 schon wieder aufstehen. ;-) Es geht also alles früh los und das bedingt eben auch, dass man wirklich was den Rhythmus hier betrifft, "spät dran ist" wenn man um 10 noch in einem kleinen Restaurant in einem nicht so belebten Viertel speisen möchte.

Am Wochenende, besonders von Samstag auf Sonntag sieht das natürlich dann wieder ganz anders aus ... dann ist die Nacht wirklich sehr laut und voller Leben. Da feiert bei mir gegenüber die evangelikale Kirche auch schon mal mit lauter Musik bis morgens um halb 6. ;-) Aber wie geschrieben: In bestimmten Gegenden der Stadt endet das öffentliche Leben wirklich mit Anbruch der Dunkelheit ... das sollte man wissen, wenn man keine böse Überraschung erleben will.

Aber nochmal zurück zum Klima und der Hitze. Ich habe damit ja eigentlich keine Probleme und mag es, wenn es warm und sonnig ist. Aber teilweise ist es schon echt krass, wenn man sich mittags mal von der Küste in die Innenstadt bewegt. An den Stränden herrscht ja immer eine sehr angenehme Brise, die erfrischt... aber in manchen Straßen in der City in der Unterstadt, wo der Wind nicht hineinkommt; wow... das ist dann wirklich heftig wie man dort gebraten wird zwischen 10 und 3. Sonnencreme sollte man immer dabei haben, auch wenn man eine dunkle Hautfarbe hat. Die Sonne hat hier definitiv eine viel viel stärkere Kraft als im Sommer in Deutschland. Bisher habe ich mich aber stets gut vorbereitet und kann sagen, dass ich noch keinen Sonnenbrand hatte! :-) Yes.

Auf den gesamten bisherigen Zeitraum gesehen hatte ich in den 6 Wochen hier in Salvador auch nur einen Tag, der verregnet war. Es gab 3 Mal ein paar leichte Schauer über den Tag verteilt, aber ansonsten bis auf 3, 4 Mal einen etwas bewölkteren Morgen nur SONNE PUR.  Morgens gab es meist um 6, 7 Uhr ein paar Schleierwolken, aber danach war es wirklich wie auf den Postkarten: Blauer Himmel und eben sehr heiß. 
Die offiziellen Angaben aus den Klimatabellen muss ich dahingehend auf jeden Fall soweit konkretisieren, dass dort ja oft von den Durchschnittswerten die Rede ist. 

Was meine persönlichen Erfahrungen nach den 6 Wochen hier im Oktober und November betrifft: Es war eigentlich bis auf 3, 4 Tage IMMER KONSTANT über 27°C, selbst abends um 9 noch. Zum Glück hat es sich durch die Brise am Wasser immer etwas frischer angefühlt, aber für euch, Mum, Janine und Stefan wäre das hier definitiv nichts. Viel zu heiß. Von 10 bis 4 war es meist immer an die 30 Grad, nur dass eben die Sonne einem hier noch viel stärker vorkommt. Nachts war es dann meist so um die 24°, aber ich habe damit zum Glück nicht so die Probleme auch ohne Ventilator zu schlafen, wie manche meiner MitschülerInnen.

Wirklich richtig schwül war es auch nur so 5, 6 Tage ... also dass die Luft wirklich sehr schwer und feucht war. (Ich erinner mich als ich vor 2 Jahren unten im Süden war an der Grenze zu Paraguay und Argentinien, da konnte man die Luft mit dem Messer durchschneiden, das kann man definitiv nicht mit dem Klima hier im Nordosten an der Küste vergleichen) Statt schwül-feucht, wie man vielleicht denken könnte, ist es eher einfach sehr heiß und oft eher eine "trockene Hitze", besonders wenn man dann immer weiter von den Küsten ins Innere der Stadt bzw. vom Staat Bahia kommt.

Blick aus meinem Fenster in der Mittagshitze (2), selten dass ich zu der Zeit da mal "zu Hause" war

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