Samstag, 21. November 2015

Barra (4) - alles und die Strände fühlen und erobern [mit Hindernissen]

Die ersten Wochen war ich ja nur wenig am Strand, weil ich fast jeden Tag irgendwo in der Stadt unterwegs war. Ich wollte möglichst viel von Salvador sehen, die einzelnen Viertel erkunden (sofern das alleine bzw. in einer kleinen Gruppe hinsichtlich der Sicherheit / Kriminalität möglich war), die vielen Sehenswürdigkeiten besuchen, die Stadt und die Menschen mit ihrer Lebensfreude aber auch mit ihren vielen Problemen "verstehen" und für mich e r o b e r n; ein Gefühl dafür bekommen, wie sich die Stadt so "anfühlt". :-)

Ich hab wirklich viel viel unternommen, bin auf eigene Faust in viele Ecken der Stadt gefahren, hab mich umgeschaut, mit den Menschen auf der Straße gequatscht und hab viel "auf eigene Faust" gemacht, hab mich treiben lassen... einfach in den Bus steigen, durch die Stadt fahren, nachmittags, abends... irgendwo ankommen, wo ich noch nie gewesen bin, egal, im Bus bleiben und einfach weiterfahren... abends die Lichter der Favelas auf den Hügeln sehen. So hat sich für mich die Freiheit in Salvador angefühlt... und das habe ich eben ziemlich exzessiv ausgekostet.

Für mich waren es auf jeden Fall bisher mit die schönsten Momente, wenn ich zum Sonnenuntergang oder auch abends wenn die Lichter die Stadt erhellt haben, im Omnibus saß und mich einfach treiben lassen konnte. :-) Von einem Viertel zum nächsten ... ich halte den Kopf aus dem Seitenfenster und der Fahrtwind weht um meine Nase. 

Ich fühle, rieche und atme Salvador!

Von meiner Familie und der Schule bin ich aber oft drauf aufmerksam gemacht worden, dass es abends bzw. nachts gefährlich ist, mit dem Bussen unterwegs zu sein, besonders auf Strecken, wo nicht so viele Passanten in den Bussen anwesend sind. Überfälle auf Busse in Salvador sind an der "Tagesordnung" ... und andere Sachen finden da natürlich auch statt, kann sich denke ich mal jeder ausmalen. Naja ... ruhig bleiben, hilft ja nichts. Die späteste Zeit, wo ich alleine im Bus unterwegs war, war 10...bis auf eine Ausnahme (siehe unten), sonst habe ich mir immer ein Taxi genommen.

Klar, 2-3 Mal ist auch etwas schief gelaufen bei meinen wilden Omnibus-Fahrten durch die City. ;-) Wie gesagt, es ist teilweise wirklich nicht einfach in diesem Bus-System durchzusteigen, komplett ohne Fahrplan und Zeiten. Das hatten mir Naja und Felipe aus meiner Gastfamilie ja auch schon gesagt, dass es selbst für sie teilweise manchmal zu "Fehlern" und Missverständnissen kommt wenn sie einen Bus in eine Gegend nehmen wollen, wo sie nur 2-3 Mal im Jahr sind.

Aber sowas passiert halt: Meine 2 "Highlights" in dieser Hinsicht sind:

- Wie ich mal Samstag nachts um halb 12 am Fernbahnhof in Salvador gelandet bin. Ich hatte die Idee, ich könnte ja mal um 10 noch eine kleine Tour machen. Hatte fest damit gerechnet, dass der Bus am Ende meiner Route auch wieder straight zurückfahren würde, wie ich es vorher bei einem anderen Passanten im Bus erfragt hatte. War aber nicht so... irgendwann war ich schon ziemlich "weit" draußen und dann war auf einmal Ende am Fernbahnhof und ich und eine andere Frau (die wohl auch etwas "verloren" war) mussten dann dort raus. Der Busfahrer musste den Bus tauschen oder irgendwie sowas... keine Ahnung warum. Aber dann war ich um halb 12 am Fernbahnhof und musste da erstmal wegkommen. War nicht so einfach. Kein gutes Viertel, keine gute Gegend drumherum ...

Und um diese Uhrzeit fuhr auch kein regulärer Bus mehr in meine Richtung von dort. Zwar meinte ein Typ, den ich gefragt habe, dass ich dort und dort warten solle, aber nach 30 Minuten kam einfach kein Bus der auch nur irgendwie in meine Richtung fuhr. Also hab ich mir dann ein Taxi geschnappt, ging nicht anders. Die Sache war nur dass ich nur noch etwas Geld dabei hatte, meine Karte hatte ich extra zu Hause gelassen. Reichte hinten und vorne nicht bis nach Barra... aber der nette Taxifahrer ist hat mich dann noch ein bisserl weiter gebracht als mein Budget reichte. Den Rest der Strecke (3 Kilometer) bin ich dann nachts zu Fuß nach Hause. 

Jaja, das ist eigentlich ein totales "No-Go" in Salvador, nachts alleine durch die Stadt zu gehen, aber in diesem Fall hatte ich das Glück, dass ich die ganze Zeit durch das reiche Vitória Viertel gehen musste, hab mich also immer ganz dicht an den Comdomínios gehalten, immer in Sichtweite der Sicherheitsleute und Porteiros da, das war dann okay. Die Aktion war mir trotzdem eine gewisse "Lehre"... ;-) 

Aber sowas passiert eben wenn man den "wahren Kern / das wahre Gesicht" einer solchen Stadt wie Salvador kennenlernen will.

- Ein anderes Mal bin ich Samstag mit Rob unterwegs gewesen Richtung Bonfim. Alles lief super, wir haben die Sachen gesehen, die wir uns vorgenommen hatten und wollten dann einfach wieder nach Barra zurück. Irgendwas ist dann auch "schief" gelaufen, was sich aber sowohl Rob wie auch ich nicht erklären konnten ... weil wir beide genau gesehen hatten, was vorne auf dem Bus stand. Nunja, auf jeden Fall sind wir nach einer wilden Schlangenfahrt dann in Santa Cruz gelandet, mitten in einer sehr armen Favela auf dem Berg. Da muss man dann auch erstmal wieder wegkommen... Der Bus ist einfach nicht mehr weitergefahren, der Fahrer hat das Ding da einfach abgestellt und gesagt, er müsse jetzt hier ne Pause machen und wir sollen alle aussteigen. Okay...
Interessant war, dass wir beide (ich wohl eher aufgrund meiner Klamotten und des Styles und Rob aufgrund des Aussehens als verrückter Professor, haha) sofort als wir den Fuß nach dem Aussteigen auf den Boden gesetzt haben, die Blicke fast aller Anwesenden dort auf uns gezogen haben. So quasi nach dem Motto "Okay, die sind jetzt aber echt hier verloren". Normalerweise werde ich oft für einen Brasilianer gehalten aufgrund meines Aussehens ["Du siehst doch gar nicht aus wie ein Deutscher" - meinte Elia gleich am ersten Tag und der Rest der Familie stimmte immer wieder mit ein und meinte, dass ich eigentlich hier nur durch meinen Akzent auffalle ;-)] Aber hier in Santa Cruz war es natürlich was anderes, man brauchte sich eigentlich nur mal umschauen um zu checken, dass wir hier wirklich wie 2 Paradiesvögel wirkten, die irgendwie "falsch" waren. ;-) Rob war schon ein bisserl mumelig, aber letztendlich waren die Leute dort dann sehr nett zu uns und haben uns erklärt wie und wo wir einen Bus zurück nehmen können... Das hat dann auch letztendlich alles geklappt. Elias Reaktion am nächsten Tag war aber schon mit hochgezogenen Augenbrauen: "Was, Santa Cruz? Wow... wie seid ihr denn da gelandet?" Wie schon geschrieben, sowas passiert eben...

Die Lehrerinnen und meine Familie haben immer wieder geschmunzelt, wenn ich morgens wieder erzählt habe, dass ich in dem und dem Viertel war, die Vorort-Stadtteile mit dem Zug besucht habe und manchmal alleine "ziemlich weit draußen" war. ;-) Felipe, der Sohn in meiner Gastfamilie, meinte irgendwann als ich ihm meine Karte der besuchen Orte in Salvador gezeigt habe: "Junge, du kennst ja mehr als ich und die meisten Leute hier!" ;-) Die Lehrerinnen in der Schule waren teils in heller Aufregung und Verwunderung, wo ich mich denn nachmittags so rumtreibe und was für Orte und Gegenden in der Stadt ich schon alle besucht und gesehen habe... Naja und Carlinda meinten immer wieder, dass sie noch nie so einen Gast-Schüler wie mich in ihrer Familie hatten, der so viel Interesse daran hatte, die Stadt zu erkunden. ;-) Ich bin ein Kuriosum. :-D

So wie ich es mitbekommen habe, bleiben die meisten der Einwohner hier schon eher in ihrem Viertel und vielleicht in den Nachbar-Stadtteilen. Dort findet das Leben statt, der Alltag ... sonst sind viele Brasilianer der Mittel- und Oberschicht schon eher so "gepolt", dass sie viele der ärmeren Stadtteile zwar vielleicht vom Namen her kennen, aber selten bis teilweise noch nie dort waren; außer sie haben so eine spannende berufliche Vergangenheit wie Elia.

Auf jeden Fall hat es immer viele "Schmunzel"- Momente gegeben wenn ich sowohl meiner Gastfamilie als auch den Lehrerinnen im Unterricht von meinen Erlebnissen und Erkundungen in der Stadt berichtet habe. Teilweise waren sie in heller Aufregung und etwas schockiert, wo ich mich rumgetrieben habe ... und manchmal mussten sie laut loslachen: "Was, da warst du? Jetzt kennst du ja wirklich alle heruntergekommenen Gegenden hier."

Wenn man nur am Strand rumlümmelt, bekommt man in dieser Hinsicht natürlich nicht so viel mit, daher war ich glaube ich die ersten 4,5 Wochen bis auf meine Inselbesuche und 2, 3 andere Nachmittage fast nie wirklich lange am Strand hier in Barra. Nun, ich war schon oft dort... einfach zu die Atmosphäre auf der Avenida am Strand zu genießen, um dort mit Bekannten zu essen oder einfach um abzuhängen und um die Menschen zu beobachten. Aber zum Schwimmen und Baden? Nee.. 

Die letzten Tage aber hat es mich dort öfters hingezogen und ich habe es wirklich nochmal neu zu schätzen gelernt, dass ich jeweils nur 7 Minuten zu Fuß zu den beiden Stränden brauche. :-)) "Pack die Badehose ein..." Strandtuch, Sonnenmilch und ab gehts, eine Sache von 10 Minuten. :-))

Ich bin nach 6 Wochen nun aber ganz klar hier ein Fan vom Strand "Praia do Farol", weil es dort einfach viel viel stärkere Wellen gibt als um die Ecke. Wellenbrechen ist hier zu einer meiner Lieblingsbeschäftigungen geworden. An manchen Tagen waren die Wellen wirklich sehr sehr stark... in einem bestimmten Bereich gab es auch eine gefährliche "Strudel-Strömung", die einen sofort ins Meer zieht. Hier gab es dann auch eine Badeaufsicht und Rettungsschwimmen... die mussten dann auch 2x zum Einsatz rausrücken. Ein Mal war eine Bekannte aus der Schule etwas unvorsichtig und das andere Male ist der Freund einer Mitschülerin hineingeraten. Sollte man wirklich nicht unterschätzen... nur sieht man das einfach nicht vom Strand, wie stark die Strömung ist. Puuh!

Aber auch links und rechts neben diesem Bereich waren die Wellen teilweise wirklich gefährlich. Klar, für die Surfer war es hier ein Paradies aber ich musste schon manchmal wirklich kämpfen und bin das ein oder andere Mal ziemlich stark umhergewirbelt, als mich diese Riesenwellen unter sich begraben haben. Uff, ein Mal war mir ziemlich schwindelig... aber auf der anderen Seite: Es gibt schon einen richtig starken "Kick" wenn man sich da den Wellen entgegenstellt. Das Adrenalin... das Adrenalin. ;-) Sonst stehe ich ja gar nicht auf sowas, glaub weiter weg von Extremsportarten als ich kann man gar nicht sein. Aber Wellenbrechen... das ist genau mein Ding. ;-)




































Christian aus Frankfurt... hat den Björn Blumberg Style *Eingeweihte* ;-) 














































































































































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