Donnerstag, 6. Juli 2017

Fortaleza 1 (cidade metropolitana)



Fortaleza mit ca. 2,7 Mio Einwohnern (Metropolregion ca. 3,8 Mio) ist Brasiliens 5. größte Stadt und hat wie schon beschrieben eine sehr große wirtschaftliche Anziehungskraft. Daneben hat es sich in den letzten Jahrzehnten zu einem touristischen Knotenpunkt entwickelt und verfügt über ein sehr vielfältiges und lebendiges Nachtleben. Jede Menge Hotels, Bars, Restaurants und Unterkünfte an den Stadtstränden und urbanes, hektisches und überaus aktives Geschehen im Zentrum. Fortaleza verfügt daneben über einen großen Containerhafen und natürlich wie jede brasilianische Großstadt über eine immense Anzahl an Favelas / Communidades: Über 500 kleinere und größere sollen es angeblich den "offiziellen" Zahlen im Großraum der Metropole sein. Im Gegensatz zu anderen Städten, die ich schon besucht habe, befinden sich diese jedoch nicht an entsprechend kleinen und großen Hügeln bzw. Bergen entlang, sondern sind (wie auf den unteren Karten zu sehen) über die Stadt - die bis auf 2,3 Erhebungen fast komplett "flach" und eben ist - verteilt, darunter sehr viele an beiden Seiten der Küste, besonders rund um den Hafenbezirk und natürlich sich hinausziehend in die Vororte. 

Überrascht hat mich, wie relativ klar strukturiert die Stadt aufgebaut ist: Viele Gebiete der Stadt sind im Schachbrettmuster aufgebaut. Daneben verfügt Fortaleza über eine im Vergleich zu anderen brasilianischen Städten sehr moderne U-Bahn sowie ein wirklich sehr gutes Bussystem. Besonders positiv ist mir aufgefallen, dass fast an jeder Haltestelle zumindest Pläne über die Routen hängen, was scheinbar für Bahianos und andere Staaten völlig undenkbar scheint. 

Insgesamt zieht sich die Stadt etwa 20 km die Küste entlang und erstreckt sich bis zu 15 Km ins Landesinnere. Da es auch keine Inselstruktur oder größere Flüsse gibt, ist es relativ einfach sich zu orientieren.  Es gibt zum Strand zwei wirklich sehr große Parallelstraßen (Av. Mons. Tabosa + Av. Abolicao / Av. Beira Mar - direkt am Strand), die quasi die modernen "Oberschicht" /- Strand-Viertel (mit entsprechend hoher Hochhaus-Dichte: Siehe Fotos) östlich vom Zentrum aus vom Rest der Stadt abgrenzen. 






An den hier liegenden drei Strand-Vierteln Iracema, Meireles und dem Hafengebiet Mucuripe führt über 4, 5 Kilometer eine sehr schöne und gut ausgebaute "Promenade" / "Orla" entlang, von der immer wieder kleine Brücken und Fels / Stein-Spitzen ins Meer führen. Hier hat man teils eine Atmosphäre wie an der Copa in Rio mit entsprechend hoher Hochhaushotel-Dichte, aber es gibt auch zahlreiche sehr entspannte von Laubbäumen überschattete Strandbars und sehr ruhige kleine Ecken in vielen Seitenstraßen.
Auf der anderen Seite der Stadt liegt der nach Meinung vieler "beste" Strand der Stadt: Die Praia do Futuro. Hier ist man trotz vieler Restaurants jedoch recht weit vom Zentrum entfernt und muss entweder durch ein großes Gebiet an Favelas bzw. mit dem Bus durch das Hafengebiet, weswegen viele der Touristen (die nur Strand wollen) ihr Feriendomizil gleich an der Futuro aufschlagen. 

Sehr interessant fand ich bei meinen vielen Stadtbummeln das riesengroße und weitläufige Kultur-und Veranstaltungszentrum "Drache des Meeres" / Dragao do Mar de Arte e Cultura. Dieser riesengroße und sehr schön entworfene Komplex beherbergt viele Museen, Galerien, Kinos, Cafés und ein Freiluchttheater untergebracht. Es gibt verschiedene Überführungen, die die einzelne Teile des Komplexes miteinander verbinden. Das Zentrum passt architektonisch sehr gut zum angrenzenden restaurierten Kolonialviertel und ist eine sehr beliebte soziale "Begnungsstätte" - natürlich überwiegend für die Ober- und Mittelschicht. Nicht weit davon befindet sich - typisch kontrastreich wie es für eine bras. Stadt üblich ist - das größte "Boca do Fume" der Stadt: Moura Brasil. Der Eingang zu diesem Drogen-Viertel befindet sich nur eine Straße vom größten Tourismus-Markt der Stadt entfernt und man muss schon sehr "naiv" sein, wenn man nicht checkt was hier auch tagsüber passiert. Wie sagte es mir ein "Flanelinho", den ich hier in der Nähe meiner Pousada kennengelernt habe: "So haben es die ganzen Leute die tagsüber im Zentrum arbeiten gar nicht weit und können wegen der zentralen Lage am Feierabend ihre Drogen hier quasi auf dem Weg nach Hause direkt abholen und dann schnell das Viertel wieder verlassen. Also ich hab ja schon viel gesehen in anderen Städten, aber hier kann man wirklich so direkt und unmittelbar an den Gesichtern und Körpern der Leute sehen, was Crack und andere Drogen bei den Menschen anrichten...

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Absolut schockierend ist nach wie vor für mich - wie ich das auch in allen anderen Städten meiner Reisen vorfand - wie viele Tausende von Menschen hier im Zuge rivalisierender Drogenkriege zwischen den einzelnen Gangs ermordet werden. Die Zahlen sind absolut erschreckend und jeden Tag berichten die Zeitungen über duzende Morde, Hinrichtungen und Gewalt sowohl hier in Fortaleza aber vor allem in den Vororten. Der überwiegende Teil immer im Zusammenhang mit Drogenhandel- entweder Gewalt zwischen den großen Gangs oder wenn Abhängige mal wieder nicht bezahlt haben... oder "einfach nur" zur Abschreckung.

Man kann das alles gar nicht in Worte fassen, teilweise sind die reinen Zahlen der Tötungen so hoch wie in aktuell grassierenden Kriegsgebieten im Nahen Osten. 
Ich habe mich darüber ja schon mehrfach ausgelassen, wie "krass" das hier in Brasilien alles medial aufbereitet wird, inklusive Nahaufnahmen der Opfer in den Zeitungen. Die toten Körper auf den Straßen...Wie brutal vorgegangen wird, wie "aufgerüstet" mit Waffen die einzelnen Gangs im Kampf untereinander und gegen den Staat sind und wie abgestumpft die Bevölkerung dem Ganzen gegenübersteht. Aber wer würde es ihnen verdenken? 

Wenn man hier "nur" 2 Wochen in einem Hotel verbringt und keine Zeitung liest und nicht den Fernseher einschaltet, dann bekommt man von all dem natürlich nicht so viel mit (außer vielleicht vom nach wie vor beherrschenden Thema der (Kinder)-Prostitution. Doch die Berichte in den Zeitungen schockieren mich jedes Mal wieder und lassen mich erschrecken wenn man erfährt, was alles in den letzten Monaten und Wochen an Gewalt und Kriminalität an Orten geschehen ist, die ich gestern noch durchquert oder besucht habe. Aber genug davon... es ist einfach nur traurig. Das Land hat so viele Reichtümer, aber es ist so arm hinsichtlich der sich einfach nicht ändernden Aspekte von Gewalt, Brutalität und dem immer wieder damit in Zusammenhang stehenden Thema der Korruption der Polizei.






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Es ist schon immer wieder interessant für mich, wenn ich mich nach ein paar Tagen so ein bisschen in das "Feeling" einer brasilianischen Großstadt eingewöhnt habe: Wie unterschiedlich es sich doch jedes Mal anfühlt. Fortaleza ist schon recht "modern" und gut "strukturiert" (natürlich nur für brasilianische Verhältnise): Bus-Abwasser-System etc. 
Mit der U-Bahn bin ich auch schon raus in die Vororte gefahren und selbst dort ist man relativ klar in diesem hier durch die relativ flache Struktur schnell in einer immer noch gewissen Übersichtlichkeit. Meine geliebten und gefürchteten Ladeiras sind hier wirklich die Ausnahme... was nicht heißt, dass es sie nicht gibt: Ich habe sie natürlich gefunden (dazu mehr später).

Hier noch ein paar schöne Luftaufnahmen, die ich im Netz gefunden habe. 


 











 


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