Samstag, 28. Juli 2018

triste

Neben all den wunderschönen Eindrücken bin ich mitunter auch wieder sehr nachdenklich geworden. :-/ Einigen von euch habe ich diesbezüglich ja schon geschrieben. Macht euch aber bitte keine Sorgen, mir geht es sehr gut! 

So wunderschön und traumhaft Brasilien für mich ist und immer war, das Problem mit der schrecklichen Gewalt schockiert mich hier in diesem Land immer wieder aufs Neue. Nachdem was ich in Salvador (2015) und Fortaleza (2017) sehr direkt und unmittelbar mitbekommen habe, bin ich in vielerlei Hinsicht natürlich noch vorsichtiger geworden, besonders was mein "Allein-Umherwandern" betrifft. 
Manchmal denke ich dann, ich sollte den Blick in Zeitung, Internet und TV meiden, aber eigentlich möchte ich gerne einen ganzheitlichen Eindruck erhalten, mich interessieren ja auch Politik und das alltägliche Leben hier. Von daher... aber es ist und bleibt einfach schockierend. :-(
Wie viele Menschen hier jeden Tag umgebracht werden, egal ob in den Städten, in den Favelas, auf dem Land oder an von Touristen besuchten Orten. Wenn man mal die Augen aufmacht, Zeitung liest und TV schaut... was da alles so direkt um einen herum passiert und welche gigantischen Ausmaße das hat. Die Mordrate ist über 80x höher als in Deutschland habe ich die Tage noch hier in der Zeitung gelesen... selbst an so "familienfreundlichen Traumstränden" wie hier in Ponta Negra... vor 2 Tagen ist ein Familienvater (der nichts mit Drogenhandel zu tun hatte) nachts am Strand überfallen und erschossen worden... direkt hier am Strand. 
Und ich habe an dem Abend noch mit einer Besitzerin einer kleinen Pousada (Herberge) hier über die Probleme von Natal mit Sextourismus mich unterhalten  (die Stadt war dafür vor 10 Jahren sehr verrufen.) und sie meinte nur: "Nein nein... hier ist alles ruhig, guck hier sind ganz viele Familien."

Von all dem was in den armen Vororten passiert ganz zu schweigen. Allein die Zahlen sind sowas von erschreckend... von der Art und Weise der Gewalt ganz zu schweigen. Allein wie viele Unschuldige beim Drogen-Krieg zwischen den verschiedenen Fraktionen ums Leben kommen.
Drogenhändler zwingen teilweise in Einzelfällen ganze Straßenzüge in den Vororten dazu wegzuziehen und drohen mit Massenrschießungen... und die Menschen beugen sich. Weil sie wirklich erschossen werden und die Häuser angezündet werden. Ehefrauen von Polizisten, ganze Familien werden einfach so umgebracht... Bei Interviews im Fernsehen nach Verbrechen zeigt niemand sein Gesicht, alle Stimmen der Polizisten sind verfremdet.
Wie viele Fälle gibt es jeden Tag wo Kinder, Jugendliche erschossen werden... weil sie irgendwas gesehen haben oder jemand seine Drogenschulden nicht bezahlt hat ...oder auch nur zum Umfeld eines Beteiligten einer verfeindeten Fraktion zählt.

Für mich ist schon irgendwie der Eindruck entstanden nach diesen 5 Wochen hier: Es hat sich nichts geändert trotz Olympia und Fußball WM in den letzten Jahren. Die Gewalttaten sind im Zuge der Wirtschaftskrise eher wieder in die höhe geschlossen. Und wenn wenige einzelne Favels befriedet worden sein mögen,  so zieht die Gewalt und das Verbrechen einfach weiter... Es ist wirklich erschreckend wenn man sich mal traut das Ganze bewusst wahrzunehmen und die Augen aufmacht.
Die ganze brasilianische Gesellschaft ist soo abgestumpft was das alles betrifft...  es ist einfach alles Alltag... und das ist ziemlich traurig und erschütternd.

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