Donnerstag, 5. Juli 2018

"Você é branca mas nao é banca" (Bairro Pirambú)




Robério und ich haben uns letztes Jahr im Juni in Fortaleza kennen und schätzen gelernt. Ihr wisst ja, dass ich keine Probleme oder Hemmungen habe, auch mit Leuten "von der Straße" (gerade mit denen!) viel und ausgiebig zu sprechen... eigentlich kann man sogar sagen, dass ich auf der Straße, "von den einfachen Leuten" am meisten über die Jahre über das Land und das Leben hier gelernt habe. Robério arbeitet als "Flanelinho" auf dieser eben Straße: Autos bewachen, putzen und die Leute in die Parklücken einweisen. Er kennt fast alle am Iracema Strand und alle kennen Robério. Am Wochenende verkauft er auf den Straßen seines Viertels Essen und Getränke. Er ist so ein guter Typ und ich habe letztes Jahr sehr viel von ihm gelernt, er hat mir viel erklärt und hat sich immer wieder Zeit genommen. Ich hab ihm auch etwas helfen können, z. B. beim Transport seines neuen kleinen "Verkäufer-Wagens", den er mir gleich bei meiner Ankunft in Fortaleza immer noch ganz stolz vorgeführt hat. 

Wir haben letztes Jahr an 2, 3 Tagen viel zusammen unternommen bzw. ich sollte besser sagen, dass er mir diese damals noch unbekannte Stadt auf eine wunderbar entspannte und gleichfalls sehr informierende und lehrende Art und Weise gezeigt und vorgestellt hat. Der Spruch im Titel geht auch auf ihn zurück. Immer wieder, bei aller Hilfsbereitschaft sich selbst gegenüber deutlich machen: "Nur weil du weiß bist, bist du hier nicht die Bank, die allen das Geld gibt, die auf der Straße darum betteln, vergiss das nicht... sonst hast du ganz schnell keinen Real mehr!"
Wir waren in den Vororten, in verschiedenen Favelas und ich habe gerade in Bezug auf Gefahren, die Gewalt-Problematik, die "eigenen" Gesetze und Wertesysteme in den Favelas viel von ihm gelernt und alles aufgesogen. Nur in seinem Viertel waren wir nicht.
Die Zeit war nun gekommen einzutauchen in seine Welt. Ich habe seine Familie kennengelernt, wir haben in seinem Haus gegessen und er hat mir alles gezeigt. Ein unglaublich schönes Gefühl... durch so ein riesen Favela-Viertel wie Pirambú zu streifen und sich wirklich "sicher" zu fühlen, Robério kennen sie alle und jeder kennt ihn. Er ist ein "Favelinho" durch und durch und er wird respektiert. So sind die Gesetze hier, das kenne ich schon aus meinen Erlebnissen in Olinda, als ich dort mit Marcus, einem Sozialarbeiter dort unterwegs war und auch so wie an diesem Tag hier in Pirambú niemals ein unsicheres Gefühl hatte. :-)
Ein wunderschöner Morgen bevor nachmittags die brasilianische Mannschaft ihr Achtelfinale gegen Mexiko gespielt hat. Wie zauberhaft und so schön bunt all die Straßen geschmückt und bemalt waren. Überall die kleinen Fähnchen ("bandeirinhas"), die vielen Graffitis an den Wänden

Pirambú hat ungefähr mit all seinen einzelnen Teil-Viertel inklusive der Favelas am Strand 100.000 Einwohner, eine unglaubliche Dichte an Menschen auf so wenig Raum. Natürlich habe ich nur dort Fotos gemacht, wo es der Respekt vor dem Leben der Menschen erlaubt hat. Ich habe das hier auf dem Blog ja schon ein paar Mal erklärt, wie ich dazu stehe. Realität abbilden will ich ja, aber mit Respekt, Achtung und Würde dem ganz und ganz nicht einfachen und mitunter sehr armen Lebensverhältnissen gegenüber.
Ich werde das Gefühl dieses Morgens in Pirambú nie vergessen, wie voller Vorfreude alle auf den Auftritt der Seleção waren! 



















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