Sonntag, 13. Dezember 2015

Maceió, Alagoas - eine Großstadt zwischen Traumstränden und Kriminalität (1)

Maceió gilt in Brasilien als die Stadt mit den schönsten Stränden und der schönsten "Orla" (Strandpassage) in ganz Südamerika, die sogar noch die von Rio "schlägt" - doch leider ist die Stadt darüber hinaus vor allem für ihr Gewalt- und Drogenproblem bekant.

In den Statistiken lag die Stadt die letzten Jahre immer unter den 10 gefährlichsten Städten der Welt... 
Ein paar Texte, um die Situation ausführlicher darzustellen:




"Eine typische Nacht in Maceió – einer Stadt im Norden Brasiliens. Leutnant Washington und seine Männer rüsten sich für eine lange Nacht – bewaffnet bis an die Zähne.O-Ton Washington, Polizist: “Wir haben ein Gewehr, eine Waffe von kleinerem Kaliber und ein Maschinengewehr. Auf der Fahrerseite haben wir außerdem noch eine Neunmillimeter-Waffe.“ Maceió gilt als gefährlichste Stadt Brasiliens. 

Damit sich das ändert, fahnden die Militärpolizisten in den Armenvierteln nach Waffen und Drogen. O-Ton Soldat Vinicius, Militärpolizist:“Es ist eine Art göttliche Mission, damit wir anschließend wieder nach Hause fahren und mit unseren Familien in Frieden leben können.“Jede Nacht das gleiche Szenario: Die Männer fahren in den Favelas Streife, stellen Fragen und suchen nach Verdächtigen. Die Spirale der Gewalt ist längst außer Kontrolle geraten. 

In den vergangenen zehn Jahren ist die Mordrate um 180 Prozent gestiegen. Opfer sind meist Crack-Abhängige. Die hochgradig süchtig machende Form von Kokain ist in den Elendsvierteln leicht zu bekommen.O-Ton Washington, Polizist:“Die meisten Süchtigen werden umgebracht, weil sie ihre Schulden bei Dealern nicht bezahlen können. Die Drogenhändler zeigen gerne auf diese Art, wer am längeren Hebel sitzt und statuieren mit einem Mord ein Exempel.“

Allein im Jahr 2011 wurden hier 1500 Menschen umgebracht. Einst für seine idyllischen Strände und die prachtvolle Architektur bekannt, gilt Maceió mittlerweile als drittgefährlichste Stadt der Welt – nur überrundet von San Pedro Sula in Honduras und Ciudad Juarez in Mexiko. Viele machen einen Mangel an staatlicher Versorgung für die Misere verantwortlich.

Ruth Vasconcelos, Gewaltforscherin:“Die Politik muss sich um die Gesundheit der Bürger, um die Unterkünfte und die Reinigung der Stadt kümmern. Unsere Einwohner brauchen Arbeit und einen Lohn, der es ihnen erlaubt, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen, sie brauchen eine Zukunftsperspektive.“Severino lebt in einem der gefährlichsten und ärmsten Viertel der Stadt. Drogendealer haben fünf seiner Söhne getötet. Dabei ging es um Schulden von weniger als umgerechnet 20 Euro.O-Ton Severino Lopez, Einwohner eines Elendsviertels:“Sie sind in die Drogenwelt abgerutscht, weil sie dachten, es würde ihnen eine bessere Zukunft bescheren, obwohl wir ihnen immer davon abgeraten haben.“Die Hälfte der Bevölkerung in Maceió lebt unter der Armutsgrenze, gleichzeitig ist die Mordrate viermal höher als im Rest des Landes. Noch in dieser Nacht wird es laut Statistik zwei weitere Morde geben."

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"Es klingt fast wie eine Lüge. Im scheinbar tropischen Paradies, dort wo sich Brasiliens Traumstrände befinden und deren Einwohner eine Seelenruhe ausstrahlen als könnten sie keiner Fliege etwas antun, befindet sich das Zentrum von Mord und Totschlag.

Laut einer statistischen Erhebung liegen 16 der 50 gefährlichsten Städte der Welt (mit mehr als 300.00 Ew.) in Brasilien. 9 dieser Städte liegen in der Region Nordosten, davon 8 Bundeshauptstädte. Als am gefährlichsten wurde die Städte Maceio mit 80 Morden auf 100.000 Einwohner und Fortaleza mit 73 Morden auf 100.000 Einwohner genannt. Der Mittelwert des Nordostens Brasiliens liegt bei 55 Morden und ist damit doppelt so hoch wie der Landesdurchschnitt in ganz Brasilien.
Als Hauptgrund wird der Drogenhandel genannt, auf dessen Konto ca. 60% aller Morde gehen. Selbstjustiz, Rache und Eifersucht zählen ebenfalls zu den Ursachen der hohen Kriminalität.

Aus vielerlei Sicht ist die fehlende Bildung, die damit verbundene Armut und Aussichtslosigkeit auf eine gesichterte Zukunft der Hauptfaktor für das Abrutschen in die Kriminalität und das Morden aus banalen Gründen. Hinzu kommen korrupte Strukturen innerhalb der Polizei und ein extrem träger Justizapparat. Zunehmende Kriminalität unter Minderjährigen und deren Straffreiheit führen dazu, dass diese Gruppe immer mehr in die Fänge von Drogenbanden gerät und für ihre Zwecke ausgenutzt wird. Auftragsmorde durch Minderjährige sind in Brasilien keine Seltenheit.Die Bildung des eigenen Volkes ist Auftrag der Regierung. Genau die versäumt es seit Jahrzehnten in ein qualitativ hochwertiges staatliches Bildungssystem zu investieren. Hinzu kommen fehlenden Investitionen in Infrastruktur und Industrie, sodass der Nordosten zurecht das Armenhaus Brasiliens genannt wird."

http://pebupage.net/BERjournal/2015/11/26/nordosten-brasiliens-gefaehrlichste-region-der-welt/
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Maceió, zwischen dem Meer und der „Mundaú-Lagune“ gelegen, wird auch die „Stadt des Wassers“ genannt. Die Tupi-Indianer, nannten diesen Ort „Maçai-o-k“: der die Lagune verstopft.

Die Stadt hat sich auf einer natürlichen, vom Meer geschaffenen Terrasse ausgebreitet und langsam die Mündung des Rio Mundaú „verstopft“ hinter dem Damm entstand die „Mundaú-Lagune“ und der Fluss suchte sich einen anderen Weg ins Meer, am südlichen Ausläufer der Stadt, dem „Pontal“.
Die Terrasse, auf der sich die Stadt zuerst entwickelte, bevölkerte sich, und breitete sich dann auf einer zweiten, höheren Terrasse aus und als die nicht mehr genügte, wurde die dritte Terrasse bebaut. Die „Oberstadt“ entstand, im Areal der „Jacutinga“, wo sich heute der Stadtteil des Leuchtturms (Bairro do Farol) befindet. Er wurde so genannt nach dem dort installierten Leuchtturm, hoch oben am Ende der antiken „Ladeira da Catedral“, die heute „Rua Dr. Osvaldo Sarmento heisst.

Maceió präsentiert also insgesamt drei unterschiedliche Bebauungspläne:
1. Der Küstenstreifen mit Höhen zwischen 2 und 4 m über dem Meer.
2. Der etwas höhere, mit Höhen zwischen 8 und 10 m über dem Meer.
3. Die Terrasse des antiken „Planalto da Jacutinga“, wo heute die Stadtteile „Farol, Gruta, Pitanguinha, Pinheiros und Tabuleiro do Martins“ liegen, mit 40 – 50 m über dem Meeresspiegel.

Gegründet am 16. September 1815, entwickelte sich die Stadt vornehmlich als ein Zentrum des Zucker- und Baumwollhandels, rund um eine dortige Zuckerverarbeitung und Schnapsbrennerei herum. Im 20. Jahrhundert übernahm sie dann die Rolle eines Seehafens für grosse Schiffe, die in dem bisherigen Hafen „Jaraguá“ nicht mehr abgefertigt werden konnten.

Heute hat sich Maceió, mit etwas über 1,2 Mio Einwohnern, zu einer der schönsten touristischen Städte Brasiliens entwickelt. Neben der großen Beliebtheit bei argentinischen Touristen fangen auch Europäer an, seine besonderen Attraktionen zu entdecken - wozu zweifellos auch die besonders schönen Stadtstrände gehören, deren Farbe, je nach Lichteinfall, einmal ins Türkisgrün und dann wieder in ein tiefes Blau wechseln. Die Sonne, die hier an 300 Tagen im Jahr scheint, erhält das Wasser stets in angenehmen lauwarmen Temperaturen.

Maceió besitzt eine beneidenswerte touristische Infrastruktur: Hotels, von einem bis zu fünf Sternen in internationalem Standard und Luxus, aber auch einfache „Pousadas“ und Herbergen, die meisten von ihnen am Meer. Restaurants und Bars (die meisten mit typischer Live-Musik), strategisch installiert an den Stränden „Pajuçara, Ponta Verde, Jatiúca“ und „Stella Maris“.  Die Hauptstadt von Alagoas ist eine moderne Stadt, voller Neubauten und solcher, die gerade fertig gestellt werden – besonders innerhalb der Stadtteile mit Strandnähe – mit steigenden Besucherzahlen, von Jahr zu Jahr. Rund um die Stadt gibt es insgesamt 22 Lagunen. Die bekanntesten sind: „Mundaú, Manguaba, Roteiro“ und „Jequiá“. Die ersten beiden sind durch einen Kanal miteinander verbunden und bilden zusammen den „grössten lagunaren Komplex Südamerikas“.

Maceio ist eine moderne Großstadt die, wie fast alle in Brasilien, extreme soziale Differenzen nicht leugnen kann. Riesige moderne Apartmenthäuser reihen sich neben einfachere Wohnhäuser oder noch einfachere aus Blech und Holz gezimmerte Hütten. Oben beschwert man sich, wenn die Klimaanlage mal wieder ausfällt und weiter unten ist man froh, wenn es einfach nur Strom und Wasser gibt. 

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Der Bundesstaat Alagoas gehört zu den kleineren Staaten, nach der Fläche ist er der zweitkleinste, nach der Bevölkerungszahl der siebzehnte von 27. Er liegt im Nordosten, dem "Armenhaus" Brasiliens. Maceió hatte eine  1984 noch 399.298 Einwohner; der gewaltige Zuwachs in nur wenigen Jahren brachte diesem armen Land neben Beschäfitungsproblemen kaum gedeckte Infrastrukturbedürfnisse wie Wasser, Strom, Wohnung, Transport und Erziehung. 

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